Anne von Vaszary: Die Schnüfflerin

Ein One-Night-Stand im offenen Cabrio unter dem weiten Sternenhimmel und schon ist es passiert: Nina (die eigentlich ganz anders heißt) ist schwanger. Und das auch noch von Ricky, dem Windhund, der nichts anbrennen lässt und nicht nur sie zu Probefahrten einlädt. Die junge Frau, die ohne großen Plan durchs Leben driftet und in einem Einkaufszentrum Kaffee ausschenkt, ist selbst ohne Vater aufgewachsen und mit einer Mutter, die sich nur sporadisch blicken oder hören lässt. Die einzige Konstante in ihrem Leben war ihre Oma, doch die ist schon vor ein paar Jahren gestorben. Jetzt eine Familie gründen – das wäre vielleicht was. Aber mit Ricky?

Sechs Wochen ist Nina ihm aus dem Weg gegangen, doch nun will sie ihm erzählen, dass er Vater wird. Als sie im Restaurant sitzen, macht ihr aber erst einmal ihre seit neuestem hochempfindliche Nase einen Strich durch die Rechnung. Sie stürzt auf die Toilette, um sich zu übergeben. Zurück am Tisch, findet sie, dass die Zwiebelsuppe seltsam riecht und lässt erst einmal den Löffel liegen, während ein paar andere Restaurantgäste – auch Ricky – davon probieren. Plötzlich bricht ein Chaos aus. Die Gäste beginnen zu röcheln, rutschen auf den Boden und winden sich in Krämpfen.

Als sich die Situation wieder etwas gelichtet hat, sieht sich Nina unversehens einem Verdacht ausgesetzt: Warum hat sie nichts von der Suppe gegessen? Hat sie von dem Gift gewusst? Hat sie gar den Anschlag verübt? Gleichzeitig hat sie Angst um Ricky, der mit dem Krankenwagen abtransportiert wurde. Ob er überleben wird? Irgendwie hat sie ihn ins Herz geschlossen und sie will unter keinen Umständen, dass ihr Kind – wie sie – nichts über ihren Vater weiß.

Die Kommissare Koller und Rieb übernehmen die Ermittlungen und verfolgen dabei völlig unterschiedliche Ansätze. Koller, der früher eine Hundestaffel geführt hat, setzt ganz auf Ninas phänomenalen Geruchssinn und bindet sie gegen den Willen seines Kollegen in die Untersuchungen ein – auch wenn sie weiterhin als Verdächtige gilt.

Nina findet Gefallen an ihrer Rolle, freut sich, wenn sie der Polizei ein Stück weiterhelfen kann, ist aber auch immer wieder verwirrt von Kollers Verhalten und ihrem Zustand. Vielleicht ist die Polizeiarbeit tatsächlich etwas, das ihr liegt? Schritt für Schritt kämpft sich das ungewöhnliche Team voran, findet Verdächtige, Indizien, folgt falschen Fährten, läuft ins Leere und geht in die Vollen.

Dass Anne von Vaszary schon länger erfolgreich im „Schreib-Geschäft“ ist und wunderbare Geschichten erzählen kann, merkt man jedem Satz ihres höchst unterhaltsamen Debut-Krimis an. Die Figuren haben Ecken und Kanten, sind verletzlich und trotz – oder wegen – aller Macken sympathisch und lebensnah. Immer wieder möchte man sie einfach in den Arm nehmen, mit ihnen lachen oder weinen, sie anfeuern, trösten und wieder aufbauen. Mit trockenem Humor, aber hin und wieder auch sehr melancholisch navigieren sich die Protagonisten durch die Situation, in die sie zufällig geraten sind, die sie überfordert, die sie aber auch wachrüttelt und ihr Leben in neue Bahnen lenkt. Dabei ist einiges anders, als es zunächst scheint.

Sicher können viele Frauen, die schwanger waren oder sind, nachvollziehen, wie sich der Geruchssinn in dieser Zeit verändert. Was Anne von Vaszary aus diesem Ansatz herausholt, ist nicht nur originell, sondern auch spannend, witzig und mit viel Herzblut erzählt.

„Die Schnüfflerin“ ist ein kurzweiliger Krimi mit hohem Unterhaltungswert, aber auch mit Tiefgang, den man nicht so schnell wieder aus der Hand legen kann und den ich gerne weiterempfehle. Der nächste Teil ist schon in Planung. Ich freue ich darauf!

Anne von Vaszary: Die Schnüfflerin.
Knaur, Januar 2020.
384 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Beate Fischer.

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