Humor haben auch die Montalbano-Krimis von Andrea Camilleri. Aber in der Erzählung „Die Inschrift“, die jetzt auf Deutsch erschienen ist, blitzt der große Schalk des 92-jährigen Italieners auf. Ganz verschmitzt und unterhaltsam hat er auf nur rund 50 Seiten eine Satire über die grotesken Züge der Kleinbürgerwelt in einem kleinen italienischen Ort im Faschismus geschrieben. Den schmalen Band komplettiert ein Brief einer Leserin des italienischen Bestseller-Autors, in dem sie erzählt, was sie an dieser Satire begeistert und zum Nachdenken gebracht hat.
Bei einer Versammlung des faschistischen Vereins am 11. Juni 1940 geraten Michaele Ragusano und der glühende Faschist Emanuele Persico aneinander. Persico bricht zusammen und erleidet einen tödlichen Schlaganfall.
Nach der Beerdigung wird er als „Märtyrer des Faschismus“ gefeiert, eine Straße soll nach ihm benannt werden. Nach und nach kommen jedoch pikante Details aus Persicos Vergangenheit ans Tageslicht, die das Dorf in Aufruhr versetzen. War Persico wirklich so ein glühender Verehrer des Faschismus oder ein Gegner? Der Gemeinderat hat es nicht leicht.
„Gefallen für die Sache des Faschismus“ soll hinter Persicos Namen als Inschrift auf dem Straßenschild stehen. Dann „Mörder eines Faschisten“, später „In Erwartung einer genauen Bezeichnung“.
Camilleri beschreibt höchst unterhaltsam, wie ein Gemeinderat debattiert, welche Posse dabei herauskommen kann und wie ein ganzes Dorf mitten im Krieg in Verwirrung gerät.
Am Schluss behält die Straße einfach ihren ursprünglichen Namen. „Ich lache, also geht es mir gut“, sagt Andrea Camilleri. Und mit solch’ hinreißenden Satiren geht es auch seinen Lesern gut.
Andrea Camilleri: Die Inschrift.
Kindler, Januar 2018.
80 Seiten, Gebundene Ausgabe, 14,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Julia Gaß.