Alexander Oetker: Und dann noch die Liebe

Der namenlose Ich-Erzähler in Alexander Oetkers Buch ist Reporter. Hip, motiviert und professionell lebt er in Paris und in Berlin, arbeitet für zwei Nachrichtensender als Freelancer und ist viel unterwegs.  Wir schreiben das Jahr 2015. Griechenland hat ein gravierendes Finanzproblem, Flüchtlinge drängen nach Europa. Unser Hauptdarsteller ist beim Weltgeschehen vorne mit dabei.  Wenn sich gerade nichts anderes auftut, schläft er bei Bedarf in Berlin mit Kristina, ansonsten nimmt er mit ins Bett, was weiblich ist und gerade am Wege liegt. Alles ganz unkompliziert, alles easy.

Mit dem ist es allerdings vorbei, als er in Brüssel Agapi begegnet, einer Griechin aus dem Tross des griechischen Finanzministers. Sie raubt ihm den Atem und den Verstand.  Nach einer zweiten gemeinsamen Nacht vertraut sie ihm Informationen an, die er in die Welt hinausposaunt.  Daraufhin reißt der Kontakt zu ihr ab. Lange gibt es keine Verbindung zwischen ihnen, bis er sie in Griechenland ganz gezielt sucht und auch findet. Vor dieser dritten Nacht konfrontiert ihn Agapi aber mit einer bitteren Nachricht…

Alexander Oetker webt in die Liebesgeschichte zwischen dem Reporter, der ganz am Ende den Namen Francois erhält, und Agapi noch zwei weitere Handlungsstränge ein.Er erzählt die wahre Geschichte seiner Oma Ilse, die 1945 auf der Flucht vor den Russen durch Deutschland irrt und letztendlich wieder zum Ausgangspunkt Schönwalde zurückkehrt.

Flucht, Umgang mit Migranten heute und die große Europapolitik stehen im Zentrum des dritten Handlungsstranges. Der Protagonist erlebt die Ereignisse in Lesbos und Moria „live“ und berichtet darüber für die Fernsehsender in Deutschland und in Frankreich. Und dann schwebt über allem noch die Frage, ob man im Leben den einen ganz besonderen, einem vom Schicksal zugedachten Menschen trifft, ihn erkennt, ihn halten und mit ihm leben kann.  Oma Ilse hat auf ihrer Flucht Jan aus Holland getroffen. Er hat sie zurückgelassen. Sie haben sich nie wieder gesehen. Wie wird es ihrem Enkel ergehen? Wird die Geschichte sich wiederholen?

Alexander Oetker weiß, wovon er schreibt. Er war Frankreichkorrespondent für RTL und n-tv. Auch seine Oma Ilse gibt es, wie gesagt, wirklich. Das macht das Buch authentisch und spannend. Die Sprache ist präzise und klar.

Gut zu lesen – gutes Buch.

Alexander Oetker: Und dann noch die Liebe.
Hoffmann und Campe, August 2020.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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