Ash ist ein einigermaßen erfolgreicher Footballspieler. Er ist weiß, hetero und alles in allem amerikanischer Durchschnitt. Bis sich bei einem Zusammenstoß beim Football plötzlich alles ändert. Oder nur eine Kleinigkeit geändert hat. Jedenfalls hat sich Ashs Leben geändert. Er hat plötzlich reiche Eltern und ist ein Arschloch. Es muss etwas mit diesem Zusammenprall beim Football zu tun gehabt haben, denn da hat er plötzlich eine Verschiebung bemerkt. Beim nächsten Spiel möchte er das wiederholen und macht alles nur noch schlimmer.
Ash ist in der Lage Multiversen zu erschaffen, und bei dem Versuch, zurück in sein eigentliches Universum zu gelangen, erschafft er Welten, in denen die Rassentrennung nie abgeschafft wurde, in denen er schwul oder ein Mädchen ist. Das bringt eine ganze Menge neue Erkenntnisse mit sich.
Bislang hielt sich Ash für einigermaßen tolerant, sowohl Schwarzen wie auch Mädchen gegenüber, aber hier muss er erkennen, dass das nicht ausreicht. Ihm war nie klar, wie unfair das Leben Frauen gegenüber ist, bis er selbst ein Mädchen ist und das am eigenen Leib spürt, wohlgemerkt mit seinem Gedächtnis, wie die gleiche Situation als Mann gewesen wäre. Ihm war auch nie klar, wie dünn das Eis für seinen schwarzen Freund wirklich ist und wie hart dieser Arbeiten musste, um dort zu sein, wo er ist – und wie unmöglich das sein kann, wenn die Welt eine andere ist.
Ihm gefallen diese neuen Welten nicht, aber bis zur Erkenntnis, dass sie nur eine Winzigkeit von seiner eigentlichen Welt entfernt sind, dauert es noch etwas.
Ich fand den Gedanken, durch ähnlich Welten zu reisen ziemlich genial. Allerdings fand ich das Buch insgesamt nicht so toll, wie ich erwartet hatte. Vielleicht liegt es daran, dass die Rassentrennung, auf die ein Großteil des Buches eingeht, hier nie so ein Thema war wie in Amerika. Wohlgemerkt, die Rassentrennung, nicht der Rassismus. In den Welten mit Rassentrennung ist damit ein Status quo geschaffen, in dem Rassismus kaum noch thematisiert werden kann, weil beide Seiten die Unterschiedlichkeit bereits voll akzeptiert haben. Es gibt zwar Versuche, auch von Ash, die Rassentrennung zu umgehen, aber das „Anderssein“ wird für meinen Geschmack zu wenig in Frage gestellt. Der eigentliche Fehler liegt ja schon darin, überhaupt wahrzunehmen, welche Farbe/Geschlecht/sexuelle Orientierung mein Gegenüber hat. Ihn danach zu beurteilen, ist dann erst der nächste Schritt. Warum bitte muss ich wissen, mit wem mein Laborpartner ins Bett geht oder an welchen Gott er glaubt? Ich will Chemieversuche mit ihm machen und nix sonst. Die einzige Frage, die hier wichtig ist wäre also die, ob der die Flüssigkeit aus dem einen Glas ins andere befördern kann ohne mich damit zu duschen. Aber so ist die Welt nicht.
Richtig enttäuschend fand ich dann das Ende. Fast so schlimm, wie Bobby Ewings schreiten aus der Dusche.
Fazit: Ein Buch mit richtig gutem Ansatz, bei dem mich die Umsetzung trotz hervorragendem und auch spannenden Stils nicht überzeugen konnte.
Neal Shusterman: Game Changer: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen.
Aus dem Englischen übersetzt von Kristian Lutze, Andreas Helweg & Pauline Kurbasik.
Fischer, Oktober 2021.
416 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.
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