Nate Cartwright kann ein Lied davon singen, dass das Leben so manche unangenehme, ja traumatische Überraschungen für einen bereithält. Vor einiger Zeit hat der Journalist aus Washington D.C. sich zum Ausspannen in die einsam an einem abgelegenen See inmitten eines Waldes gelegene elterliche Hütte zurückgezogen. Mit dabei: sein damaliger Partner. Als die beiden gerade ihrer Lust frönen, geht die Tür auf und die geschiedenen Eltern stehen in der Hütte. Es kommt zu Eklat – das unfreiwillige Coming-out sorgt dafür, dass der cholerische Vater ihn verstößt, die Mutter steht sprachlos daneben und greift nicht ein.
Kurze Zeit später ermordet sein Vater seine Ex-Ehefrau, bevor er sich mit der Schrotflinte selbst richtet. Das Geld geht an Nates Bruder, er erbt nur den alten Pick-Up und die Hütte in den Bergen.
Nachdem er zu allem Übel auch noch seinen Job verloren hat, will er erst mal alles verarbeiten und beschließt zur Hütte zu fahren. Er ist mehr als erstaunt, als er dort auf einen angeschossenen Mann und ein naseweises Mädchen stößt, die sich in seinem Erbe breit gemacht haben.
Was mit der Bedrohung durch einen Revolver beginnt, endet damit, dass Nate eine Geschichte erfährt, die dermaßen abgefahren und unglaublich ist, dass sie nur wahr sein kann …
T. J. Klune schreibt andere, ich möchte fast sagen besondere Bücher. Dies war bereits bei „Mr. Parnassus´ Heim für magisch Begabte“, „Das unglaubliche Leben des Wallace Price“ sowie „Die unerhörte Reise der Familie Lawson“ (dt. Heyne) der Fall und dies gilt auch für den vorliegenden Roman.
Wenngleich gerätselt werden darf, warum Heyne auf dem Waschzettel des Backcovers das im Original 2018 erschienene Jugendwerk des Verfassers als dessen neuen Roman anpreist, zeigt der Plot doch schon exemplarisch dessen späteren Stärken.
Es sind die liebevoll und einfühlsam gezeichneten Figuren, die uns bezaubern, es sind gar ungewöhnliche Beziehungen dieser zueinander – queer greift bei Klune meines Erachtens deutlich zu kurz – es sind die Entwicklungen die seine Erzähler durchmachen und die Message, dass man (m/w/d) etwas ändern kann, so man dies denn wirklich will. Und es geht um die Kraft der Liebe, der Freundschaft, die ohne Hintergedanken, ohne Eigennutz gegeben und empfangen wird. Veränderung gehört zum Dasein dazu, das Loslassen, das uns so schwerfällt, stellt immer auch eine Chance für einen Neuanfang dar.
Der Autor will seine Leser nicht einfach unterhalten, er will ihren etwas mitgeben, sie aufrütteln, ihnen Mut zusprechen.
Mut zu sich selbst zu stehen, Zuversicht, dass Veränderung zum Guten möglich ist, Hoffnung auf ein besseres Morgen.
Dass seine Protagonisten dabei immer auch mit der Situation und sich selbst hadern, macht sie zu idealen Protagonisten, die es uns Lesenden leicht machen, in sie hineinzuschlüpfen. Das sind Loser, oft depressive oder traumatisierte Gestalten, die ihren Lebensmut verloren haben, die nicht mehr wissen, wie, ja ob es weitergeht. Und diese stoßen dann auf eine Situation, auf neue Figuren, die ihnen aufzeigen, dass es immer Lösungswege gibt, dass man die Hoffnung nie aufgeben soll, nie aufgeben darf.
Klune gelingt es auch vorliegend uns seine Figuren begreifbar zu machen, sie uns im wahrsten Sinne des Wortes ans Herz zu legen – etwas, das nur ganz wenige Verfasser für sich verbuchen können und gleichzeitig etwas, das das Buch zu einem „Sollte, nein muss man gelesen haben“ macht.
T. J. Klune: Aus Sternen und Staub
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Pfingstl
Heyne, Oktober 2023
480 Seiten, gebundene Ausgabe, 22,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.