Susanne Fischer: Wolkenkönigin

Für Corinna ist nach dem Umzug vor dem Umzug mit dem üblichen Ablauf: neue Schule, neue Klassenkameraden und der erste Platz bei den Außenseitern. Häufig wird ihr Name für Hänseleien genutzt. Mit den Worten »Iih, Corry zieht ins Kanakennest!« (S. 13) wird sie verabschiedet. Aus diesem Grund will sie die immer gleichen Abläufe ändern. Bei ihrer Anmeldung in der neuen Schule behauptet sie einfach, ihr Name sei Corinna Marie und Marie der Rufname. In ihrer neuen Klasse gibt es nur noch einen freien Stuhl. Wie es der Zufall so will, saß dort vor kurzem noch eine andere Marie, die Pechmarie. Pechmarie musste die Schule verlassen.

Schnell findet Corinna Marie Anschluss. Auch zu Marc, der eine Etage unter ihr wohnt und sie zu seinem Lieblingsplatz führt.

»… Schon merkwürdig, dass du mir das erzählst, wir kennen uns doch gar nicht.« … Marc lächelt schief. »Du heißt Inna, dein Vater ist mit einer Tussi weg, du gehst auf die Schwitze, vorher warst du in Neuenmarken. Dein Bruder ist ein Spasti, deine Mutter harzt. Ich bin Mark, … , meine Mutter jobt beim Billig, keine Geschwister. Vater weg. Mutter hat gerade einen neuen Typen. Kennen wir uns?« (S. 28/29)

Es beginnt eine seltsame Freundschaft, die in ihr zum ersten Male Gefühle weckt. Seit ihre neuen Freundinnen aus der Klasse von dem Gerücht erzählen, Marc sei im Auftrag von Pechmarie bei Nicos Eltern eingebrochen, tauchen immer mehr Fragen auf. Und dann ist da noch Nico, der sie im Unterricht ständig ansieht und zu sich nach Hause einladen will.

Auch die Freundinnen wollen von Marie etwas. Als Marcs Nachbarin und Freundin könne sie doch bestimmt herausfinden, wo die verschwundene Beute und Pechmarie versteckt sind. Je mehr Marie erfährt, um so geheimnisvoller entwickelt sich Pechmaries Geschichte.

Die vielseitige Autorin Susanne Fischer schreibt virtuos und packend zugleich. Ihre Ich-Erzählerin Corinna/Marie steht ständig unter Strom. Weil sie sich häufig um ihren kleinen Bruder und um ihre anfangs arbeitslose Mutter kümmert, hat sie keine Chance auf eine unbeschwerte Jugend. Ihre Sehnsucht nach Anerkennung, die erste Verliebtheit und Neugier treiben eine verrückte Handlung voran. Die Sprache der Ich-Erzählerin wirkt frisch und macht Spaß, so dass man ihr gern von einer Überraschung zur nächsten folgt. Die schöne Mischung aus Spannung und Gefühl schenkt immer wieder berührende Momente.

»… Mama umarmt mich, das tut sie eigentlich nie; ich glaube, sie vergisst einfach manchmal, dass man so was macht, so wie andere vergessen, dass man beim Essen die Ellbogen nicht aufstützt. Sie riecht ein bisschen verschwitzt, aber irgendwie gut, und ich lege meine Arme um sie.« (S. 189)

Dieser besondere Jugendroman springt in Corinnas Leben so schnell rein und raus, als wäre es ein kurzweiliger, wirbelnder Besuch.

Susanne Fischer: Wolkenkönigin.
Rowohlt Rotfuchs, Februar 2018.
224 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.