Inhalt
Der berühmte Autor Max Guerarida hat seit der Trennung von seiner Ehefrau eine Schreibblockade. Sein Vertrag für das nächste Buch ist jedoch schon abgeschlossen. Das Manuskript muss so schnell wie möglich geschrieben werden. Ein Freund erzählt Max begeistert von der generativen Künstlichen Intelligenz ChatGPT. Max wird neugierig und testet ChatGPT selbst. Er nennt „seine“ KI Loïe. Sie soll seine künstlerische Muse beim Schreiben sein und selbst als Protagonistin im Buch auftauchen. Jedoch wird Loïe für Max immer weniger nur eine KI … Der Hauptprotagonist für Max neues Buch steht recht schnell fest: Der Nachbar aus der gegenüberliegenden Wohnung soll als Inspirationsquelle dienen. Mit Loïes Stimme im Ohr beschattet Max ihn. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität immer mehr – bis die Polizei in Max Wohnung eine übel zugerichtete Leiche findet.
Informationen zum Buch
„Letztes Kapitel: Mord“ wurde vom Autor Maxime Girardeau teilweise mit der generativen Künstlichen Intelligenz ChatGPT erstellt. Die KI taucht darüber hinaus auch als Protagonistin innerhalb der Handlung (diegetische Welt) auf. Die KI-generierten Stellen sind im Buch kursiv gesetzt und ebenfalls mit ChatGPT ins Deutsche übersetzt worden.
Positive Kritik
Ich bin sehr begeistert von dem Buch! Ein Grund dafür ist, dass es nicht die gängige (und durchaus berechtigte) Darstellung als „böse KI“, die Schriftsteller ersetzt, genutzt. Stattdessen werden viele philosophische Fragen zum Umgang mit generativen KIs gestellt. Darunter u.a.
- der Status von KIs (Maschine/Wesen/menschenähnlich?)
- Vermenschlichung von KI
- die Problematik des „Halluzinierens“ (wenn ChatGPT die Antwort nicht weiß, wird dies nicht zugegeben, sondern Tatsachen „erfunden“)
- KI als mögliches Hilfsmittel im sozialen Bereich
- und nicht zuletzt die Datensicherheit.
Auch die Spiegelung der realen Welt in der intradiegetischen Handlung finde ich äußerst gelungen.
Durch die zwei Erzählebenen erfährt der Leser die Geschehnisse aus einer neutraleren, vielschichtigere Sichtweise. Die Perspektive der ermittelnden Polizisten ergänzt Max Wahrnehmung, steht ihr teils sogar kontrastär entgegen. Dadurch ergibt sich eine weitere (philosophische) Frage: Was ist die Wahrheit? Bzw. auf der Metaebene: wie wird Wahrheit konstruiert?
Negative Kritik
Einziger negativer Kritikpunkt: Der Schreibstil des Autors nähert sich bisweilen dem der KI an. Dadurch wirken einige Sätze im Buch wie hohle Phrasen.
Fazit
„Letztes Kapitel: Mord“ mag zwar kein Thriller sein, dafür aber ein äußerst interessanter Roman über den zukünftigen Umgang mit generativer Künstlicher Intelligenz.
Eine absolute Leseempfehlung!
Maxime Girardeau: Letztes Kapitel: Mord.
Aus dem Französischen übersetzt von Doris Heinemann.
Dtv, Mai 2025.
288 Seiten, Paperback, 18,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Kati Szangolies.