Ich möchte diese Rezension gerne damit beginnen zu betonen, dass ich keine dieser hochtrabenden Rezensenten bin, die alles schlecht finden, was der Masse Spaß bringt und ohne ein Wörterbuch lesbar ist. Ich lese allen möglichen Schund, wenn er mich unterhält und bin der festen Meinung, dass ein gutes Buch keinesfalls direkt hohe (unverständliche?) Literatur sein muss.
Nun, da das gesagt wurde: Was für ein schlechtes Buch! Respectfully.
Aber erstmal: Worum geht es?
Aly ist Trauma-Krankenschwester und kämpft im Alltag damit, die schlimmsten Fälle zu bearbeiten – von Vergewaltigungsopfern bis Mördern ist bei ihren Patienten alles dabei. In ihrer Freizeit verschafft sie sich Ablenkung, indem sie sich auf Social Media in Thirst Traps von maskierten Männern verliert und darüber fantasiert, ihnen im echten Leben zu begegnen.
Einer dieser Männer ist Josh, dem Alys Besessenheit von ihm so schmeichelt, dass er beschließt, ihren Traum wahrzumachen und beginnt, sie zu stalken und ihre heißen Fantasien zu erfüllen.
Irgendwann kommt wohl für jede respektable junge Frau der Moment, Dark Romance auszuprobieren; „Lights Out“ war mein Einstieg und tatsächlich auch direkt wieder mein Ausstieg. Das Buch erfreut sich in seiner amerikanischen Originalausgabe großer Beliebtheit und denjenigen Menschen, die die Lektüre genießen, will ich sie keinesfalls schlecht reden; jedem das Seine.
Aber es ist einfach so schlecht! Und ich rede nicht einmal von dem Dark Romance-Anteil an sich, eher die gesamte Geschichte darum herum, die auseinanderfällt durch ihre absurd schwach gezeichneten Charaktere und die abstruse Zwischenhandlung, die wahrscheinlich Spannung aufbauen soll, den Leser jedoch eher ein wenig irritiert zurücklässt. Es ist ein Buch, das mit Sensationslust arbeitet, diese aber nicht erfüllen kann und im Kern erschreckend langweilig ist.
Achtung, ab hier Spoiler.
Zum einen haben wir Aly, die uns als fürsorgliche Krankenschwester vorgestellt wird, die alles opfert, um in 40-Stunden-Schichten ihren Patienten zu helfen. Und plötzlich ist da Aly, die kein Problem damit hat, dass ihr Freund einen anderen Mann ermordet und deren gesamte Familie in „der Maffia“ ist und – natürlich – helfen kann, die Leiche verschwinden zu lassen. Und dann ist da Josh, der Angst hat, wie sein Vater, der Serienkiller, zu werden, eigentlich aber psychisch stabil ist, außer dass er darauf steht, seiner Freundin Angst zu machen. Nunja.
Ich möchte mit dieser Rezension nicht den Trend Dark Romance verteufeln, den ich nach einer einzigen Lektüre sicher nicht bewerten kann. Aber wenn ich grenzwertige Scheiße lese, gebt mir Figuren, die dem gerecht werden. Wieso lernen wir Aly nicht als die skrupellose Maffiatochter kennen, zu der sie sich entwickelt? Warum muss jede von Joshs Handlungen (aussichtsloserweise) in ein richtiges Licht gerückt werden? Diese Figuren sind nicht morally grey, sie sind einfach nur grau. Grau im Sinne von wankelmütig, unausgeführt und leblos.
Nichtsdestotrotz kann ich nicht verleugnen, dass die Sensationslust auch mich dazu gebracht hat, das Buch in wenigen Tagen durchzulesen und ich viel Spaß hatte, es mit meiner besten Freundin zu verreißen. Es gibt ja genug Leute, die es toll finden, wer es ausprobieren will, soll hiermit nicht davon abgehalten werden – aber bitte: Nicht zu große Hoffnungen machen!
Dass das Cover im Dunkeln leuchtet, ist allerdings großartig, vielleicht einfach dafür kaufen 🙂
Vielleicht empfehle ich an dieser Stelle einmal die Elemental Assasin-Reihe von Jennifer Estep (rezensiert von meinem Kollegen Carsten). Nicht ganz so viel Sex, I get it, aber morally grey mit Fundament, falls es das ist, was ihr zur Ablenkung vom Alltag braucht. Lauft nicht einfach dem Trend hinterher, es gibt da draußen Bücher, die eure Zeit tatsächlich wert und ebenso unterhaltsam sind.
Navessa Allen: Lights Out.
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Vanessa Lamatsch.
Piper, Oktober 2025.
538 Seiten, Paperback, 17,00 €.
Diese Rezension wurde verfasst von Isabella M. Banger.