Ein einsames, karges Feld im Nirgendwo. Hier wacht er auf, weiß nicht, woher er kommt, wohin er will, ja nicht einmal, wer er ist. Er ist gelähmt, bis ihm ein Diakon dabei hilft, die Herrschaft über seinen Körper zu erlangen. Sein Körper ist riesig, seine Kräfte immens, seine Hautfarbe schwarz. In seinem Geist verbirgt sich eine reißende Bestie, die Appetit auf menschliches Fleisch hat – und, so sie bei Laune ist, auch eine magische Gabe offenbart. Ist er, der sich Stratus nennt, also ein Hexer, oder doch ein Dämon?
Im Königreich Krandin trifft er auf die letzte der Sippe der Henkman – einst kirchliche Streiter ohne Fehl und Tadel, Dämonenschlächter und Drachentöter. Jetzt ist Tatyana, die letzte der Familie, die Leibwächterin des Prinzen Lucien. Irgendetwas regt sich in ihm, als er den Namen Henkman hört – etwas Altes, etwas Finsteres, etwas, das auf Rache aus ist. Doch zunächst gilt es in der belagerten Stadt zu überleben, machen doch die kirchlichen Paladine ebenso Jagd auf Stratus, wie die mittels Nekromantie wiedererweckten Leichen. Gemeinsam mit der Leibwächterin und dem königlichen Zauberer begibt sich Stratus auf die Suche nach den schwarz-magischen Drahtziehern – und stößt auf weit mehr, als er in seinen schlimmsten Albträumen befürchtet hat …
Die dunkle Seite, nein nicht der Macht, sondern der Zauberei, die Dark Fantasy erlebt ein längst überfälliges Come-Back. Immer dann, wenn es realistisch zugeht auf den Schlachtfeldern der Ehre, wenn dunkle Wesen und noch schwärzere Beschwörungen um sich greifen und sich in die Kämpfe der Menschen einmischen, dann ist es vorbei mit den weichgespülten Magiern mit spitzen Hüten und netten kleinen Zauberstäben. Dann erhebt das Dunkle, das Verkommene, das Abartige sein Haupt und es wird schaurig wenn der rote Lebenssaft fließt.
Mark den Jager hat in seinem Romanerstling dabei einen erstaunlich runden Plot vorgelegt. Zusammen mit unserem Erzähler erkunden wir seine, ihm ebenfalls fremde Welt, versuchen herauszufinden, was er ist, wie es dazu kam, dass er ohne Erinnerungen an sein Dasein auf einem Stoppelfeld zu sich kam, und was sein Schicksal für ihr bereit hält. Dabei fließen Rollenspiel-Erfahrungen ebenso in die Handlung ein, wie Reminiszenzen an Vorbilder wie Dave Gemmell oder K. E. Wagner. Da wird gefightet, durch Katakomben gestreift, werden Leichen wiedererweckt und finstere Ränke gesponnen, dass es eine wahre Pracht ist.
Natürlich ist die Handlung mit diesem Roman nicht abgeschlossen – genauer gesagt, bricht der Plot an einem Cliffhanger ab, der uns natürlich neugierig, wie es wohl weitergehen wird, zurücklässt. Allerdings wird sich der Leser noch ein wenig gedulden müssen, ist die Fortsetzung doch bislang zumindest selbst im anglo-amerikanischen Sprachraum noch nicht erschienen.
Mark de Jager: Der Fluch des Feuers.
Bastei Lübbe, November 2017.
464 Seiten, Taschenbuch, 15,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.
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