Katja Früh: Vielleicht ist die Liebe so

Dieser Roman ist ganz schön makaber, geht es doch um einen assistierten Suizid. Dennoch liest sich die Geschichte locker-flockig. Eine ernste Thematik mit einer solchen Leichtigkeit umzusetzen, das muss man erst einmal hinbekommen! Der Drehbuchautorin und Regisseurin Katja Früh ist dies wunderbar gelungen. Umso erstaunlicher, dass es sich hierbei um ihren Debütroman handelt.

Zum Inhalt:

Die Protagonistin Anja steckt voller Schuldgefühle, was auf der problematischen Beziehung zu ihrer Mutter beruht. Die beiden standen sich nie besonders nah. Doch nun stellt die Mutter ihre Tochter vor eine vollendete Tatsache: Ihr Todestag steht unumstößlich fest. Sie hat bereits alle notwendigen Vorkehrungen von der Gästeliste über den Leichenschmaus bis zum Grabstein getroffen. Anja soll anwesend sein, was nicht zu viel verlangt sei, denn letztlich müsse Anja sogar froh sein, dass sie die Mutter einmal nicht zu pflegen brauche. Anja würde diese Rolle sowieso nicht übernehmen wollen, und  wenn, dann höchst widerwillig, unterstellt sie der Tochter.

Soll sie der Mutter, die letztlich nur ihrem eigenen Verfall zuvorkommen will, etwa noch dankbar sein? Anja gerät in ein regelrechtes Gefühlschaos, mit dem sie nicht umzugehen weiß. Jetzt, da die Mutter beschlossen hat, ihrem Leben ein Ende zu setzen, durchlebt Anja noch einmal alles Belastende aus ihrer Kindheit und Jugend. Mütterliche Fürsorge und Liebe hat sie während ihrer Kindheit nie erfahren. Zu sehr war ihre Mutter mit sich selbst beschäftigt. Egoistisch hat sie immer die Diva gespielt. Diese Diva kann sich nicht mit ihrem Alter abfinden und arrangieren. Dass  Anja ihren Job als Schauspielerin aufgegeben hat, hat ihr die Mutter, die sich selbst gern in dieser Rolle gesehen hätte, nie verziehen.

Vielleicht wäre Anjas Werdegang ein ganz anderer geworden, wenn sie mehr Rückhalt aus der Familie erhalten hätte. Auch Anjas Exfreund, von dem sie sich nie richtig lösen konnte, erweist sich wieder einmal als kein großer Unterstützer und katapultiert sich erfolgreich aus der Angelegenheit.

Zum Glück ist Anja in der belastenden Situation dennoch nicht auf sich allein gestellt. Benjamin, der Freund aus ihrer Kindheit, taucht auf. Auch Mike, der schwule Chef der Bar, in der sie jobbt, und einige Stammgäste haben ein offenes Ohr für ihre Nöte. Dr. Dische, Anjas Therapeut, stößt weitreichende Gedanken über Normvorstellungen vom Lebensende und einer Befreiung durch einen selbstbestimmten Tod an. Bis zum Ende hofft man als Leser mit Anja auf eine Wendung.

Hier wird eine belastende Situation witzig und leicht erzählt. So wird der ungewöhnliche Text über eine problematische Mutter-Tochter-Beziehung zur guten Unterhaltung.

Katja Früh: Vielleicht ist die Liebe so.
Diogenes, Oktober 2025.
gebundene Ausgabe, 304 Seiten, 25,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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