Wieder eine Neuveröffentlichung! Nach Herausgabe des Berndorf-Klassikers „Eine Reise nach Genf“ im April 2017, folgt nun ein weiterer Schritt zurück an die Anfänge des Autors im Genre „Roman“. Der KBV Verlag erinnert so an die Wurzeln des einundachtzig jährigen Autors.
Der wiederum hatte sich damals einem geheimnisumwitterten Projekt verschrieben: Der Regierungsbunker in Marienthal an der Ahr. Schon als Journalist hatte er sich kritisch mit diesem Objekt auseinandergesetzt. In „Der Bunker“ erzählt er dessen Geschichte in Romanform, die erstmals 1989 im Pahl-Rugenstein-Verlag erschien. Jaques Berndorf selbst bezeichnet diesen Roman als „Geburtshelfer“ für seine Eifel-Krimi-Reihe. Im Klappentext steigert er diese Aussage noch: „Der Bunker ist mein Lebensscharnier. Ohne ihn wäre ich nicht in die Eifel gekommen.“ Eine Neuveröffentlichung also, die den Autor an seine Wurzeln und seine Leser in eine andere Ära der Geschichte der BRD führt.
Die Geschichte beginnt mit autobiografischen Kriegserinnerungen des Autors. Seine eigenen Bunkererlebnisse scheinen ihn für dieses Thema zu autorisieren. Er fragt nach dem Sinn des Bunkerbaus. Wessen Tod sollen Bunker verhindern? Warum ein Regierungsbunker, wenn der atomare Ernstfall doch nicht zu überleben ist? Eine berechtigte Frage, die in den Achtzigerjahren auf breiter gesellschaftlicher Ebene diskutiert wurde. Jaques Berndorf kommt zu einem Fazit, dass besagt, das Bunker sinnlos sind. Warum aber baut die Bundesregierung das gigantische Projekt in die Weinberge an der Ahr? Sollten hier etwa gar nicht ein paar tausend ausgewählte Persönlichkeiten überleben oder soll ihnen im Bunker lediglich Raum und Zeit zur Flucht verschafft werden?
Jaques Berndorf zeigt schon in diesem Frühwerk, dass er sich engagiert in offene Fragen verbeißt und nicht locker lässt, bis er seinem Leser zumindest glaubhafte Antwort-Thesen anbieten kann. Er sucht Zeitzeugen auf, recherchiert in Archiven und stößt dabei auf immer weiterführende Aspekte. Immer tiefer taucht er in die Historie dieses geheimnisvollen Ortes ein. Es mutet schon merkwürdig an, dass der Regierungsbunker auf dem Gelände ehemaliger Konzentrationslager erbaut wurde. Einen weiteren Erzählstrang lässt Jaques Berndorf immer stärker in den Vordergrund rücken. Gibt es verhängnisvolle Zusammenhänge zwischen den Kriegsverbrechen, die hier verübt wurden und dem Bunkerbau? Der Autor stellt die Frage nach dem Sinn des Überlebens aus verschiedenen Perspektiven. Letztlich stellt der Inhalt des Romans ein Ringen um und Suchen nach Antworten dar. Und weil damals viele Zeitgenossen damit beschäftigt waren (ich selber gehörte dazu), sollte der Stoff veröffentlicht werden. Als methodischer Ausgangspunkt für seine Suche nach Antworten diente dem Autor der Regierungsbunker, den ja schließlich die Steuerzahler bezahlen mussten.
So fühlte ich mich bei der Lektüre zurückversetzt in die bewegten Zeiten des „Kalten Krieges“, der Friedensbewegung, der Frage um Wehrdienstverweigerung und „Frieden schaffen ohne Waffen“. Ich glaube auch nicht, dass das Datum der Erstveröffentlichung 1989 Zufall ist. Immer wieder konnte ich dankbar resümieren, wie gut es ist, dass diese Zeiten überwunden sind und dass es sich lohnt, für den Erhalt des Friedens in einem starken Europa zu sorgen.
Jacques Berndorf macht es, in gewohnter Weise, dem Leser leicht, der Dramaturgie des Romans folgen. Auch darum spreche ich gerne eine Leseempfehlung aus.
Jacques Berndorf: Der Bunker (1984).
KBV, April 2018.
220 Seiten, Taschenbuch, 10,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Martin Simon.