Black Jack Geary, der Admiral, der von den Toten zurückkam hat es geschafft. Er hat nicht nur den seit Jeinem ahrhundert andauernden Kampf der Allianz gegen die Syndikatwelten siegreich beendet, er hat auch die Fremdrasse, eigentlich sollte es Fremdrassen heißen, der Enigmas kontaktiert und in einigen der Aliens Verbündete der Menschen gefunden.
Was aber heißt der verlorene Krieg für die Menschen die im Herrschaftsbereich des Syndikats leben?
Überall in dem einst mit strenger, ja despotischer Hand regierten Machtbereich des Syndikats brechen Bürgerkriege aus. Menschen erheben sich gegen die Schlange, wie der allmächtige Geheimdienst des Syndikats treffend genannt wird, rebellieren offen gegen die nur ihr eigenes Wohl im Sinne habenden CEOs.
Auch im Grenzsystem Midway, das nicht nur über ein Hyperraumtor zu zwei weiteren Sonnensystemen Kontakt hat, sondern auch als Grenze zu den Enigmas gilt, stehen die Menschen gegen Unterdrückung, Gewaltherrschaft und Spitzeltum auf. An ihrer Spitze haben sie zwei Menschen, die für ehemalige Syndikat-CEOs untypisch agieren – nicht umsonst wurden sie von Prime nach Midway abgeschoben.
General Artur Drakon liegt, man glaubt es kaum, das Wohl seiner Untergebenen am Herzen. So sehr setzt er sich für diese ein, dass die Führer des Syndikats beschlossen, dass er in ein unbedeutendes Grenzsystem versetzt und dort kaltgestellt werden sollte. Ihm zur Seite steht Ex-CEO Gwen Iceni, die die Mini-Flotte von Midway unter ihrer Befehlsgewalt hat. Zusammen heben sie die Schlangennester des Geheimdienstes aus und versuchen, einander zunächst misstrauisch beäugend, eine bessere Zukunft für Midway anzustreben. Zwar ist die gegenseitige Vorsicht deutlich, doch nur gemeinsam können sie nicht nur ihr Überleben, sondern das Wohl der Bevölkerung Midways sichern.
Als Erstes muss ihre doch arg gebeutelte Flotte verstärkt werden. Zwei Expeditionen, jeweils von einem der beiden Anführer begleitet, soll hier Abhilfe durch Kaperung von im Bau befindlichen Schlachtschiffen aus Nachbarsystemen bringen. Werden die riskanten Unternehmen gelingen und können die beiden Anführer ihr gegenseitiges Misstrauen zum Wohle der Zukunft ihres Planetensystems überwinden – das wissen nicht einmal die Ahnen …
Nachdem Campbell neun Romane um den von den Toten zurückgekehrten Admiral Black Jack Geary vorgelegt hat, war es Zeit für eine Zäsur.
Statt sich aber eine ganz neue Bühne für sein Garn, das er versiert und routiniert zu spinnen weiss zu suchen, nutzt Campbell die eingeführte Welt um uns einmal von der anderen Seite zu berichten. Anstatt also weiterhin den Flottenangehörigen der Allianz zu folgen, verschiebt sich vorliegend der Fokus zu dem Gegner, dem Syndikat. Und hier zeichnet der Autor das Bild eines perfekten Überwachungsstaats, in dem Jeder nur das eigene Überleben und die Karriere um jeden Preis im Sinn hat. Ellenbogen sind gefragt, jede Schwäche der Vorgesetzten wird mitleidlos ausgenutzt, die Untergebenen als Sündenböcke missbraucht, nur um voranzukommen.
Diese Welt scheint erschreckend real, zumal sie ein sicherlich überspitztes, aber dennoch verblüffend bekanntes Bild unserer modernen Leistungsgesellschaft widerspiegelt.
Mit hineingewoben hat der Autor dann Gedanken über die persönliche Freiheit, über Verantwortung, der politisch Führenden und verantwortliche Generäle für die ihnen unterstellten und anvertrauten Menschen haben – sollten. Das verleiht dem Roman eine gewissen Tiefe, ohne dass die Action zu kurz kommen würde.
Allerdings muss der Leser auf die großen Schlachtengemälde, bei denen riesige Flotten aufeinandertreffen vorliegend verzichten. Statt dessen nehmen Intrigen und Geheimnisse einen deutlich dominierenderen Platz ein als von den Geary Romanen gewohnt.
Auch wenn das Schicksal Midways, und damit der grobe Handlungsrahmen aus den Geary Titeln bekannt ist liest sich das Buch spannend und kurzweilig, weckt das Interesse, wie es wohl im System und mit den beiden Hauptprotagonisten weitergehen wird.
Jack Campbell: Die verlorenen Sterne 01: Der Ritter.
Bastei Lübbe, April 2014.
512 Seiten, Taschenbuch, 8,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.