J. C. Cervantes: Zane gegen die Götter 01: Sturmläufer

Es ist schon so eine Krux – manche Menschen haben das Pech einfach, von Kindesbeinen an, gepachtet. Zane Opispo gehört zu diesen bedauernswerten Menschen. Nicht genug damit, dass er seinen Vater nie kennengelernt hat – seine Mutter spricht nicht viel über den Erzeuger unseres Zane, eher nicht viel wie nichts – Zanes eines Bein ist auch noch kürzer als das Andere. Damit hat er in der Schule als Spitznamen solch illustre Bezeichnungen wie Sir Hinkefuss, McLahm oder Krücke abbekommen.

Seit einem Jahr geht es ihm ein wenig besser – seine Mutter unterrichtet ihn zu Hause – das heißt in der Wüste von New Mexiko, einen dreibeinigen Hund hat er auch aufgenommen und gesund gepflegt, und bei der Nachbarin, einer blinden Telefonhellseherin, verdient er sich das Geld für das Futter hinzu. Doch dann geht alles, ich meine jetzt wirklich alles, den Bach herunter. Nicht genug damit, dass er ein Stipendium auf einer Privatschule bekommt, und wieder die Schulbank drücken darf, er muss, weil er sich gegen das Mobbing der neuen Mitschüler gewehrt hat, auch gleich beim Rektor antanzen.

Ein Flugzeug stürzt in seinen Vulkan hinter Haus ab – erwähnte ich bereits, dass Zane in seiner Nachbarschaft einen erloschenen Vulkan hat? – unheimliche Riesen mit merkwürdigen Köpfen machen seine Nachbarschaft unsicher. Und er trifft auf ein hübsches Mädchen, das sich in einen Falken verwandeln kann. Klarer Fall von Klapsmühle, ab in die Psychiatrie denken sie jetzt – nur, dass unser Zane nicht spinnt – leider. Er erfährt, dass er der Halbsohn eines Maya-Gottes ist und das geweissagt wurde, dass er den Herren der Unterwelt, den Gott des Todes aus seinem Gefängnis freisetzen wird. Macht er nicht, was hätte er denn davon denken sie? Denkt Zane auch, bis … und dann beginnt die Jagd Zane gegen den befreiten Todesgott erst so richtig …

J. C. Cervantes räubert ganz klar im Vorgarten von Rick Riordan. Nicht umsonst hat der Bestsellerautor dem Buch ein recht langes, vergnüglich zu lesendes Vorwort beigesteuert. Statt Griechisch, römisch, ägyptisch oder nordische Götter nutzt Cervantes im ersten von mehreren Büchern um die Erlebnisse ihres Gottessohns die Mayagötter als Pantheon, um das sich die Geschichte rankt.

Stilistisch versucht sie sich an Riordan anzulehnen; – soll heissen, den saloppen, coolen und vergnüglichen Tonfall, den die Protagonisten Riordans aufweisen in ihren Plot aufzunehmen. Und dies gelingt ihr erstaunlich gut. Zwar kommt sie nicht ganz an das Vorbild heran, doch die Lektüre gestaltet sich ähnlich flüssig und vergnüglich, wie bei Riordan. Und die lakonischen Zwischenbemerkungen unseres Ich-Erzählers haben mich immer wieder zur Loslachen animiert. Dazu kommt, dass sie uns eine, den Allermeisten sicherlich unbekannte Götterwelt vorstellt. Wer, außer spezialisierten Geschichtswissenschaftlern hat sich denn schon einmal mir den blutrünstigen Göttern der Maya beschäftigt? Selbst Disney hat bislang um diesen Kulturkreis einen Bogen gemacht. Und das ist das Wichtigste, sie erzählt uns eine spannende Geschichte. Eine Romanze wird angedeutet, doch noch passiert einfach zu viel, als dass für Gefühle großer Raum bliebe. Stattdessen zeigt sie uns einen Jungen, der zunächst einmal innerlich unsicher ist. Wer ist ein Vater, warum schlägt ihn das Schicksal noch dazu mit einem verkürzten Bein, warum wird er in der Schule von den Rowdys als Opfer auserkoren? Später dann, rast der Plot förmlich voran. Wilde Verfolgungsjagden, Kämpfe und Begegnungen mit Göttern lassen für eine Reflektion keine Zeit. Zane entwickelt sich, fast zu schnell, zu einem zwar verängstigten, aber entschiedenen Kämpfer, der für Schwächere und seine Freunde eintritt.

Der Roman hat mit rund 500 recht klein gesetzten Seiten eine doch erstaunliche Länge. Man braucht also Sitzfleisch, so dass echte Schmökerfreunde hier viel Text fürs Geld bekommen. Da stört die doch recht bekannte Geschichte des Underdogs und Losers gegen die übermächtigen Götter nicht weiter.

Das Finale wartet dann mit diversen, nicht vorhersehbaren Wendungen auf, und macht neugierig darauf, wie die Autorin ihre Handlung wohl im Frühjahr 2021 fortsetzen wird.

J. C. Cervantes: Zane gegen die Götter 01: Sturmläufer.
Ravensburger Buchverlag, Juli 2020.
512 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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