Nach einigen Jahren in Dänemark kehrt die Polizistin Grace O’Malley nach Irland zurück und übernimmt in ihrem Heimatort Galway die Leitung der Mordkommission. Sehr zum Ärger eines Kollegen, der ein Auge auf diesen Posten geworfen hatte. Doch Graces Onkel Jim hat hier das Sagen und die O’Malleys sind der mächtigste Clan.
Kaum ist sie angekommen, wird die Studentin Annie tot aufgefunden. Im Lauf der Ermittlungen geraten ausgerechnet drei prominente Männer ins Visier. Weitere Morde folgen und erste Stimmen werden laut, die an Graces Fähigkeiten zweifeln. Als ihre Tochter verschwindet, die in der Familie von Graces Bruder aufwächst, ist sie hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und Verantwortung ihrer Familie gegenüber. Familie – fast ein Unwort für sie, ist es doch hier geprägt von dunklen Geheimnissen, die unter den Teppich gekehrt werden, Verlogenheit, Vetternwirtschaft.
Bald zeigt sich indes, dass der Fall auch internationale Dimensionen annimmt, mit denen anfangs keiner rechnen konnte. Wird es Grace gelingen, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen?
Hannah O’Brien ist Journalistin und hat lange in Irland gelebt. Dass sie sich mit der irischen Mentalität auskennt, spürt der Leser. Es geht in diesem Roman um Forschung und Biopiraterie einerseits, die Auswüchse übertriebenen oder falsch verstandenen Familiensinns andererseits. Der komplexe Fall bietet einigen Stoff zum Nachdenken und Mitknobeln. Das Thema Familie führt an manchen Stellen zwar zu Wiederholung bereits Gesagtem, weniger wäre mehr gewesen. Die lebendigen Figuren lassen jedoch keine Längen aufkommen. Peu à peu schälen die Ermittler aus einem Netz aus Lügen, Halbwahrheiten und Intrigen eine Wahrheit heraus, mit der man als Leser so nicht rechnen konnte. Kurzweilige Kriminallektüre zu einem interessantem Thema.
Hannah O’Brien: Irisches Verhängnis.
dtv, April 2015.
416 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Susanne Ruitenberg.