Irene Winter ist Bibliothekarin. Nun haben wir, wenn wir das Wort Bibliothekarin hören, ein bestimmtes Bild im Kopf. Eine graue Maus mit großer Brille, eher unauffällig und introvertiert, zurückhaltend und ja ich weiß, ein Klischee aber in aller Regel auch unattraktiv. Eine unabhängig vom biologischen Alter alte Jungfer, die ihre Erfüllung zwischen den Zeilen ihrer Lektüre findet.
Kommen wir zurück zu Irene Winter – unserer Bibliothekarin, der wir bereits zum fünften Mal ins Abenteuer folgen. Sie ist so ziemlich, nein eigentlich in Tuto das Gegenteil von dem, was man sich unter einer Bibliothekarin vorstellt. Attraktiv, mutig, anpackend, risikofreudig und wehrhaft, das wären so die ersten Adjektive, die mir da in den Sinn kommen. Dass sie der Bibliothek angehört, einer Institution, die über alle Welten des Multiversums hinweg seltene Bücher sichert, ja man könnte zutreffenderweise auch stiehlt sagen, dass sie als Agentin in diese Welten reist, mit ihrer Sprache belebte wie unbelebte Gegenstände beeinflussen kann und sich auch schon mit Drachen und Elfen angelegt hat, ist bekannt. Dabei hat sie ihren ehemaligen Auszubildenden, einen Prinzen der Drachen, als Liebhaber erkoren, wird von Elfenprinzen angemacht, von Drachen wie Elfen verfolgt, bedrängt, ja tätlich angegriffen.
Was niemand für möglich gehalten hat, ein Friede soll nun zwischen den Mächten des Chaos, ergo den Elfen und den Mächten der Ordnung, das wären dann die Drachen, in einem Paris der Belle Epoche ausgehandelt werden. Die Bibliothekare sitzen als neutrale Vermittler mit am Tisch, als ein Mord an einem Drachen die Verhandlungen zum Stillstand ja zum Abbruch zu bringen droht. Irene soll das Verbrechen mit Hilfe des genialen Meisterdetektivs Vale möglichst schnell aufklären – und stößt dabei nicht nur auf eine Hauptverdächtige, die Blutgräfin Elisabeth Báthory, sondern auch auf Anarchisten, Verräter und jede Menge höchst geheime Pläne .
Der fünfte Band der Reihe um die unsichtbare Bibliothek verschiebt den Fokus ein wenig weg von den actionreichen Abenteuern hin zu einer detailreicheren Darstellung der politischen Machtverteilung in den Multiuniversen. Soll heißen, dass der Actionanteil, die gefährlichen Verfolgungsjagden und die Kämpfe eher in den Hintergrund treten. Stattdessen präsentiert und Cogman zum Einen die Suche nach einem Mörder, dessen Motiv und den Tathergang, zum Anderen erinnert der Plot aber auch an einen politischen Thriller. Es geht um Machtspiele, um Manipulationen, um Verrat und um jede Menge Geheimnisse. Das nimmt, verglichen mit den bisherigen Bänden, viel Tempo aus dem Roman, auch die Verweise auf Bücher sind eher spärlich anzutreffen. Hinzu kommt, dass sich die Namen insbesondere der Drachen, die sich alle aus dem Chinesischen rekrutieren, die Übersicht der handelnden Figuren ein wenig erschweren.
Auf der anderen Seite verfolgen wir gespannt und interessiert mit, wie unsere Detektive nicht nur versuchen, sich auf dem politischen Parkett zurechtzufinden, sondern auch ihre Detektivfähigkeiten auspacken. Dass diese Bühne mitnichten ungefährlicher ist, als auf Bücherjagd zu gehen, zeigt sich bald. Dramatik und Spannung werden also hoch gehalten, auch wenn der verschachtelte Plot mit einigen logischen Brüchen behaftet ist.
Dennoch, wie bewohnt unterhält Cogman flüssig und spannend, die Lektüre entpuppt sich als Selbstläufer und, und das ist das Beste, wir erfahren Neuigkeiten über Drachen und Elfen satt.
Genevieve Cogman: Die Bibliothekare 05: Das tödliche Wort.
Bastei Lübbe, November 2019.
512 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.