Wenn man es positiv sehen will: Der deutsche Schriftsteller Fabian Hischmann, geboren 1983, trifft in den Stories seiner Sammlung „Alle wollen was erleben“ sicherlich das Lebensgefühl einer jüngeren Generation – mit Unsicherheiten und auch Enttäuschungen in der Partnerschaft, die auch gleichgeschlechtlich sein kann, oder Planungen für die noch unklare Zukunft. Hischmanns Figuren sind in der Regel unsicher und leiden an ihrer Gegenwart – wie Sophie, die früher ein Junge war, sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hat und nun unglücklich in ihren Schulfreund Simon verliebt ist. Oder wie Lukas und Roman, die als Paar gemeinsam einen Jungen erziehen, sich der unqualifizierten Kommentare von Romans Mutter erwehren müssen und dann (seltsamerweise und etwas unpassend) in einen Nachbarschaftsstreit geraten. Oder wie ein von seiner Frau verlassener, einsamer Bäcker, der im Radio vom Tod Charles Mansons erfährt.
Hischmann habe eine leise Sprache, heißt es im Klappentext. Das mag stimmen, doch daraus ergibt sich zugleich die Kehrseite dieses Buches. Es wirkt gelegentlich etwas spannungsarm, ja, manchmal sogar lasch. Im Grunde passiert den Figuren nie etwas wirklich Dramatisches. Die Geschichten plätschern vor sich hin, und man hat fast den Eindruck, die eine oder andere sei ein wenig banal.
Weil Hischmann mit vielem Ungesagten – den sogenannten Leerstellen – arbeitet, ist man erstens gezwungen, sehr konzentriert zu lesen, zweitens bemüht, den tieferen Sinn zwischen den Zeilen zu suchen. Diese Suche führt jedoch nicht in jedem Fall zum Erfolg.
Eine weitere Folge des so knapp gehaltenen Stils ist, dass der Leser die Figuren nicht wirklich kennenlernt. Sie bleiben diffus und nebulös. Die Handlung wirkt in einigen Fällen dahingeworfen, ihr roter Faden ist nur sehr lose. Insgesamt kein dringender Lesetipp!
Fabian Hischmann: Alle wollen was erleben.
Berlin Verlag, August 2019.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.