Ewald Arenz: Zwei Leben

Leise und unspektakulär erzählt Ewald Arenz auf den ersten zwei Dritteln seines Buches „Zwei Leben“ von seiner Protagonistin Roberta. Diese Roberta kommt 1971 nach drei Jahren Schneiderlehre in einer Fabrik in ihr Dorf zurück. Sie ist das einzige Kind ihrer Eltern und muss daheim den Bauernhof übernehmen. Insgeheim träumt Roberta von einem Leben als Designerin in der Modemetropole Paris.

Das Talent dazu hätte sie. Andererseits will sie keinen Tag länger in der Stadt bleiben und weil sie keine Geschwister hat, war ohnehin immer klar, dass sie „daheim“ übernehmen wird. Das ist ihr auch ganz recht so, weil sie gerne draußen arbeitet, nach ihrer Rückkehr ein inniges Band zu ihrem Großvater knüpft, der ihr einiges aus seiner Vergangenheit erzählt und weil sie und der Pfarrerssohn Wilhelm sich ineinander verlieben. Parallel dazu erzählt der Autor die Geschichte von Gertrud, der Gattin des Pfarrers, Tochter aus besserem, hanseatischem Hause, die in dem Dorf nie glücklich war und im Grunde immer fortwollte. Einzig die Liebe zu ihrem Sohn Wilhelm lässt sie die dörfliche Enge ertragen.

Zwei Drittel, wie gesagt, mäandert die Geschichte gemütlich vor sich hin. Es passiert nicht viel Aufregendes, Arenz bettet seine Figuren mit ihren Träumen und Problemen in ihr Umfeld ein. Dann aber ereignen sich einschneidende Dinge. Gertrud zum Beispiel darf ihren Bruder zwei Monate bei seiner Vortragsreise durch Europa begleiten. Ein Erlebnis, das ihr Leben total verändert, denn sie kommt schwanger zu ihrem vergeistigten Ehemann zurück. Und auch Roberta erwartet ein Baby… Das Thema „zwei Leben“ durchzieht gekonnt das gesamte Buch.

Robertas Opa führte in der Kriegsgefangenschaft in den USA ein „zweites Leben“, zwei ungeborene Leben schleichen sich ungewollt in die zwei Leben von Roberta und Gertrud und Roberta muss auch in einer anderen Hinsicht ein zweites Leben in Angriff nehmen. Mehr sei dazu aber nicht verraten.

Fazit: Ein anfangs stilles Buch, das nicht ahnen lässt, wie unglaublich es sich noch entwickeln wird. Klare Leseempfehlung!

Ewald Arenz: Zwei Leben.
Dumont, September 2024.
362 Seiten, Hardcover, 25,00 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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