Emma Claire Sweeney: Beim Ruf der Eule

Maeve Maloney ist 79 Jahre alt und kann ein Ereignis, das fast 60 Jahre in der Vergangenheit liegt, dennoch nicht gedanklich abschließen. Als ihr Jugendfreund Vincent plötzlich vor der kleinen Pension steht, die sie immer noch leitet, schickt sie ihn wie paralysiert fort. Nur er weiß, dass Maeve einst eine Zwillingsschwester namens Edie hatte. Edie, die so wunderbar singen konnte und dazu noch etwas ganz Besonderes war. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an die Vergangenheit, doch Vincents Anwesenheit reißt alte Wunden auf und Maeve muss sich mit den Geschehnissen auseinandersetzen.

In „Beim Ruf der Eule“ laufen zwei Handlungsstränge parallel. In der Gegenwart ist Maeve Maloney alt, aber noch recht rüstig. Sie führt ein kleines Lodge, in dem sie Menschen mit Beeinträchtigungen aufnimmt. Auch unter ihrer Belegschaft sind zwei junge Menschen mit Down-Syndrom. Als die beiden sich ineinander verlieben und ein Paar sein wollen, wirft das für Maeve neue Probleme auf. Dabei hat sie durch Vincents Auftauchen sowieso schon genug zu Bedenken. Auch ihre Zwillingsschwester Edie hatte einst eine Beeinträchtigung. Sie lernte sehr spät laufen und sprechen, konnte lediglich wunderbar singen. Doch durch ihre Behinderung fiel sie überall auf – nicht nur positiv. Das Leben mit Edie war stets schwer, aber es hatte auch seine schönen, unterhaltsamen Seiten. Niemand liebte Maeve mehr als ihre Zwillingsschwester. Doch in England der 1940er und 1950er – man bedenke, was zu dieser Zeit in Deutschland mit Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen geschah! – war es nicht leicht, einen Angehörigen mit derartigen Einschränkungen zu Hause zu pflegen. Auch diesen Aspekt der Geschichte beleuchte die Autorin.

Manchmal sind die verschiedenen Handlungsstränge etwas verwirrend. Denn nur die Gegenwart wird wirklich chronologisch erzählt. In der Vergangenheit gibt es immer mal wieder Sprünge in die eine oder andere Richtung, die man als Leserin erstmal nachvollziehen muss. Das schmälert das Lesevergnügen. Darüber hinaus ist „Beim Ruf der Eule“ aber ein gelungener Roman, manchmal trägt die Autorin vielleicht etwas zu dick auf, man wird aber gut unterhalten und die ernsten Themen der Geschichte finden ihren wichtigen Platz.

Ein sehr gelungener Roman, der Unterhaltung und ernste Themen miteinander kombiniert.

Emma Claire Sweeney: Beim Ruf der Eule.
Bastei Lübbe, Juli 2018.
416 Seiten, Taschenbuch, 10,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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