Ein anrührender, einfühlsamer Roman um zwei Menschen auf der Schattenseite des Lebens. Yama, ein junger, schüchterner Fernsehautor, der von seinem Vorgesetzten auf das Heftigste drangsaliert wird, betritt eines Abends eine winzige Bar im Viertel Shinjuku. Hinter der Theke der Bar bedient die ebenfalls sehr junge Yume. Eine wortkarge Frau, die schielt und die eine ganz besondere Beziehung zu Katzen hat. Um diese Katzen dreht sich auch die Katzenwette, bei der einige der Kneipengäste darauf wetten, welche Katze als nächste durch ein Oberlicht in den Raum hineinsehen wird. Zur besseren Unterscheidung der Tiere hat Yume einen sogenannten Katzenplan gezeichnet, der stets an der Kühlschranktür hinter der Theke hängt.
Im Laufe der vielen Abende, die Yama nach seinem ersten Besuch in der Bar „Karinka“ verbringt, kommen Yama und Yume sich etwas näher, auch wenn das sehr vorsichtig und behutsam geschieht. Schließlich zeigt Yume ihm sogar, wo sie die vielen Katzen, um die sie sich kümmert, versorgt.
Währenddessen quält sich Yama in mehreren Jobs, in denen er gegängelt, ausgenutzt und missachtet wird. Er selbst traut sich wenig bis gar nichts zu, bis Yume ihn dazu anregt, Gedichte zu schreiben. Doch dann schlägt das Schicksal grausam zu und Yume wird brutal mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Neben den wirklich faszinierenden Einblicken in die japanische Lebensweise und Mentalität, in die Art, wie Menschen miteinander umgehen, die der Roman bietet, erzählt er auf poetische Weise und mit feinfühligen Bildern die Geschichte zweier Verlierer, denen ihre Welt niemals eine wirkliche Chance gibt.
Der Autor, der auch Schauspieler und Moderator ist, ist ein guter Menschenbeobachter und ein guter Charakterzeichner. Manchmal etwas umständlich, hin und wieder etwas ausgreifend, aber mit einem ganz eigenen, fesselnden Charme, lässt er uns teilhaben an den Schicksalen eines Mannes, der es nicht gelernt hat, sich zu wehren, und einer Frau, die nicht für sich, aber für die Katzen zu kämpfen bereit ist. Und Durian Sukegawa hat auch einen ganz besonderen Blick für die Katzen, deren äußerlichen und charakterlichen Unterschiede er präzise und mit Liebe in Worte fasst.
Ein wunderbarer kleiner Roman, in den man eintaucht und an den man noch lange denkt. Ins Deutsche übersetzt wurde er von Sabine Mangold.
Durian Sukegawa: Die Katzen von Shinjuku.
DuMont Buchverlag, Februar 2021.
272 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.