Daniela Krien: Muldental

In ihrem Band „Muldental“ sammelt die 1975 in der DDR geborene Autorin Daniela Krien zehn Erzählungen, die sich allesamt um die deutsche Wende drehen. Diese Anthologie ist erstmals 2014 erschienen, nun hat sich ihr der Schweizer Diogenes-Verlag erneut angenommen. In der ersten Geschichte geht es um eine Frau, die zu DDR-Zeiten mit einer Erpressung dazu gezwungen wurde, für die Stasi zu arbeiten. Mit dieser Schuld – wenn es in diesem speziellen Fall denn überhaupt eine Schuld war – muss die Frau nach der Wende leben. Ihr Mann verzeiht ihr nicht.

Wir lernen eine Zahnarzthelferin kennen, die von einer Patientin abgelehnt wird, weil die Angst hat, sich bei ihr Krankheiten einzufangen. Schließlich kommt sie ja aus dem Osten – oder zwei Frauen, die sich entscheiden, auf den Strich zu gehen, um finanziell über die Runden zu kommen – oder einen Mann, der nach der Wende Alkoholprobleme hat und nun seinen neuen Job im Sägewerk kaum noch ausüben kann.

Daniela Kriens Storys sind weder laut oder spannend, noch sensationsheischend oder mit unnötigen stilistischen Kaskaden aufpoliert. Und gerade das macht sie sympathisch. Es sind leise Geschichten mit wenigen Worten, in denen vieles zwischen den Zeilen erzählt wird, das dafür aber umso tiefer auf die Gefühle – und meist sind es eher Gefühls-Missstände – der Protagonisten hinweist.

Und es sind vielschichtige Storys, in denen die Autorin bewusst die Schuldfrage offen lässt. Der Leser muss beantworten, ob die jeweilige Hauptfigur selbst an ihrer Misere die Hauptschuld trägt, oder ob es doch die gesellschaftlichen Bedingungen im Nachwende-Deutschland sind. Natürlich schwingt darin dennoch ein nicht geringer Anteil Gesellschaftskritik mit.

Für „Muldental“ erhielt Daniela Krien 2015 Nicolas-Born-Debütpreis. Ihr jüngster Roman heißt „Die Liebe im Ernstfall“.

Daniela Krien: Muldental.
Diogenes, Februar 2020.
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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