Christian Klar ist Direktor einer „Brennpunkt“- Mittelschule in Wien. In seinem Buch berichtet er, wie es in seinem Haus zugeht, was sich in den Klassen abspielt. Er ist aus ganzem Herzen Lehrer und deswegen spricht er die Dinge glasklar an, die dem oft unglaublich ambitionierten Lehrpersonal die Ausübung des Berufes so schwer machen. Sehr, sehr oft ist der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern ein schwieriger, weil sie in Österreich nicht integriert sind und manche das auch gar nicht ernsthaft wollen.
Er schreibt: „Der Staat hat die Aufgabe, einen Rahmen und für jeden und jede alle Möglichkeiten für ein erfolgreiches Leben zu bieten. Diese Möglichkeit zu nutzen, ist die Verantwortung jedes Einzelnen!“ (S. 14) Klar steht – wenn man so will – jeden Tag an der „Front“. Er weiß, was Sache ist. Immer mehr Kinder können dem Unterricht nicht folgen, weil sie kein Deutsch verstehen. Manche von ihnen sind infolge von Familienzusammenführungen erst seit kurzem in Österreich, andere sind bereits in dritter Generation im Land und sprechen die Landessprache nicht.
Er hat es als Direktor mit Schulverweigerern zu tun, mit „Systemsprengern“, mit Gewalt gegenüber Mitschülern und Lehrern. In seiner Schule braucht es immer wieder einen Polizeieinsatz, weil Drohungen ausgesprochen oder Waffen mitgebracht werden, oder eben körperliche Gewaltanwendungen gestoppt oder geahndet werden müssen. Viel Raum gibt Klar in seinem Buch aus gegebenem Anlass auch dem Thema „Schule und Islam“. Sehr viele Schüler*innen seiner Schule stammen aus muslimischen Familien. Klar hat den Koran eingehend gelesen und weiß, was wirklich drinsteht. Dieses Wissen ist für ihn im Alltag unerlässlich. Durch zahlreiche Fallbeispiele, die sich tatsächlich so abgespielt haben, verdeutlicht er die Zustände in seiner und in anderen Schulen in Wien. Dabei gibt es auch viele positive Beispiele von jungen Leuten, die einen Weg in ein gutes Leben gefunden haben. Jeremy ist zum Beispiel immer wieder abgängig.
Erst als er für längere Zeit seine Verwandten in Südamerika besuchen darf, erkennt er, wie gut er es hat, ist in der Schule anwesend und macht seinen Abschluss. Marlene hingegen taucht immer wieder unter, die Mutter verliert den Zugang zu ihr, in die Schule kommt sie erst sporadisch, dann gar nicht mehr. Und wenn, dann macht sie „Stress“, zettelt Konflikte mit den Erwachsenen an. Auch als sie in eine Wohngemeinschaft übersiedelt, bessert sich die Lage nicht. Marlene macht nie einen Schulabschluss.
„Was ist los in unseren Schulen“ legt man nicht mehr so schnell aus der Hand, wenn man zu lesen angefangen hat. Es wird nie über die Zustände gejammert und es werden keine Schuldzuweisungen getätigt. Die Dinge sind wie sie sind und Christian Klar tut mit seinem Team das Menschenmöglichste, um den jungen Leuten zu einem guten Leben zu verhelfen. Der Autor fesselt seine Leser mit seinem „Schulreport“ von der ersten bis zur letzten Seite und das, was er in seinem Buch erzählt, passiert mit Sicherheit auch in anderen Schulen in ganz Europa.
Christian Klar: Was ist los in unseren Schulen? Ein Schulreport.
Seifert Verlag, September 2024.
208 Seiten, Taschenbuch, 22,62 €.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.