Annette Pehnt: Mein Amrum

„Wenn der Entschluss zu einer Insel gefasst ist, kann ich diese eine Insel erforschen, als sei sie die ganze Welt.“ (Zitat S. 26)

Annette Pehnt reist nach Amrum, zum ersten Mal mit der Hündin. Die Hündin lebte als Streunerin auf einer südlichen Insel, wurde angefahren und kam über den Tierschutz zur Erzählerin. Seit einem Jahr gewöhnen sich die beiden aneinander. Und nun also Amrum. Eine lange Fahrt mit dem Zug, die Hündin ist unruhig und den Mitreisenden im Weg; sie weiß nicht, was vor sich geht, wo sie schlafen werden. Sie hat gelernt, sich zu fürchten, und muss an der kurzen Leine bleiben.

Ankunft auf Amrum. „Obwohl die Sonne nicht scheint, ist der weite Himmel weißlich und schimmert, als wäre er von hinten angeleuchtet. Ich hatte vergessen, wie weich die blassen Farben ineinander übergehen, wie sich die Flächen ineinander auflösen …“ (Zitat S. 38) Bei den Wanderungen auf der Insel, durch den Kniepsand, über die Dünen und am Flutsaum entlang bleibt die Hündin an der Leine. Die Erzählerin hat dafür die längste Leine gekauft, die sie finden konnte.

Wind, Regen, Salz auf der Haut und im Haar, ein Besuch im Heimatmuseum. In den Aufenthalt auf der Insel mischen sich Erinnerungen an frühere Reisen und die Kindheit, ein wenig Inselgeschichte, Gedanken über das Verlorengehen und Verirren. Man kann sich verirren auf dieser Insel, wenn der Wind einem die Sandkörner in die Augen treibt, wenn die Sicht schlecht und der Übergang vom Sand zum Wasser fließend ist. Und man kann sich selbst verlieren in der Weite. Die Hündin jedoch kann nicht verloren gehen; die Erzählerin lässt sie über den Strand springen, so weit die Leine es zulässt. Begrenzung im Grenzenlosen.

Wandern, träumen, Wörter suchen, Wörter sammeln. Die Erzählerin ist zum Schreiben hergekommen, aber „ich müsste den Blick senken und nach einem Wort für dieses Wetter suchen, das es nicht gibt, wo ich doch die Insel selbst haben kann …“ (Zitat S. 9)

Annette Pehnt findet Wörter, die sie zu einem wundervollen Text zusammenfügt, aus dem die Liebe zur Insel mit all ihren Gesichtern leuchtet. Es geschieht nicht viel in diesem Büchlein, und doch alles. Am Ende eine Befreiung: Die Hündin macht sich am Strand los und rennt.

Ich habe mein Herz an eine andere Nordseeinsel verloren, auf Amrum war ich noch nie. Dennoch habe ich mich wiedererkannt, meine Sehnsucht nach dem Wind, der Weite, dem Meer, die manchmal so groß ist, dass es weh tut.

Unbedingte Leseempfehlung für alle, die die Nordsee und Hunde lieben und sich auf ihre Insel träumen möchten.

Annette Pehnt: Mein Amrum.
Mare Verlag, März 2019.
128 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Ines Niederschuh.

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