Anne Lück: Versprich mir morgen

Mit „Versprich mir morgen“ hat Anne Lück ihre sogenannte „Berlin-in-Love-Dilogie“ gestartet – und wie ich finde, durchaus erfolgreich.

Von Anfang an ist man mitten dabei, wenn Alica – die zentrale Figur in diesem New-adult-Roman  –  ziemlich hart auf dem Boden der Tatsachen landet, der keineswegs federt, sondern ihr alles abverlangt, was sie zu geben bereit ist. Alica steht das Leben offen, sie hat ihr Abitur in der Tasche, kommt aus einem Elternhaus, in dem Geld keine Rolle spielt, ein Studium an jeder renommierten Universität der Welt stünde ihr offen. Ihr Vater wünscht sich nichts mehr als sie in die Welt hinaus ziehen zu lassen und an einer Elite-Uni den Grundstein zu einer tollen Karriere legen zu sehen. Ihr Vater! Alica wünscht sich das alles nicht. Sie will eine Krankenpflege-Ausbildung machen und glücklich damit werden, Menschen zu helfen.

Damit stößt sie zu Hause auf wenig Verständnis! Sie lässt sich nicht umstimmen, ist bereit, die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen und tut das dann auch. Ihr Vater dreht den Geldhahn zu und wirft sie quasi raus. Mittellos und einigermaßen verzweifelt sieht Alica der neuen Zukunft ins Auge und beginnt ihre Ausbildung in Berlin. Schon das Wohnheim, in dem sie ein Zimmer gefunden hat, ist so ganz anders als alles, was sie bisher kennt. Winziges Zimmer, Gemeinschaftsküche und -bad. Zu fünft teilen sie sich die Etage. Ups.

Mit ihren Designerklamotten ist sie noch dazu völlig fehl am Platz, aber die muss sie eh zu Geld machen, sonst kann sie sich nicht mal ein Essen leisten. Von den Mitbewohnern, die ebenfalls am St. Alex eine Ausbildung machen werden, wird sie mit offenen Armen aufgenommen, das macht vieles schon mal leichter. Alica muss lernen. Von der Pike auf! Sie kann nicht kochen, nicht mit einer Waschmaschine umgehen und hat auch sonst „vom richtigen Leben“ wenig Ahnung. Doch das ändert sich schnell. Ihre Clique wird die neue Familie, die sie unterstützt, wenn die Ausbildung sie zweifeln lässt, die sie mitschleift, wenn sie sich hängen lassen will und die ihr zeigt, was wahre Freundschaft ist.

Erzählt wird jeweils aus der Sicht von Alica und ihrem Mitbewohner Lio, die nach einigen Wirrungen, eine ganz besondere Beziehung zueinander entwickeln. Beide – wie auch die anderen drei Mitglieder der Clique – sind toll gezeichnet, sympathisch dargestellt, mit allen Ecken, Kanten und Macken, aber auch mit ihren herzlichen, liebevollen Seiten. Sehr lebendig. Der Stil des Romans ist flüssig, lebhaft und unkompliziert. Emotional durchaus anrührend, grade, wenn es um die Ausbildung geht, wo es durchaus auch mal um das Thema Tod geht. Auch Alicas Beziehung zu ihrer Familie in München ist immer wieder Thema, da ihre Schwester nach einiger Zeit den Versucht unternimmt, die Wogen zu glätten, was gründlich daneben geht, es dann aber eine ernste Krise gibt, die Alica und ihre Familie zwingt, einen neuen Weg zu finden. Die Gedanken der handelnden Personen sind immer präsent, ihre Gespräche sind offen, intelligent und einfühlsam.

Eine moderne Liebesgeschichte mit Tiefgang ohne Kitsch. Eine Geschichte um Freundschaft, Liebe und Selbstvertrauen. Spannung und Drama sind durchaus vorhanden, die Handlung bleibt dennoch lebhaft. Sehr emotional, authentisch und dennoch unterhaltsam. 

Anne Lück: Versprich mir morgen
Knaur, April 2024
388 Seiten, Taschenbuch, 15,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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