Sechzig Jahre ist es her, dass die Welt, wie sie einmal war, in Trümmer fiel. Die Europäischen Metropolen, sei es London, Madrid oder Paris liegen seitdem darnieder, die zerstörten Gebäude wurde bis heute nicht wieder aufgebaut. Willkommen in Paris, der einstigen Stadt der Liebe, des savoir-vivre und der Kunst. Mittlerweile geht es nur mehr darum hier zu überleben. Immer wieder fallen Engel, der meisten ihrer Kräfte beraubt, vom Himmel, die Banden sind schnell zu Stelle, deren Blut, Haut und Knochen in denen die Engelsmagie ruht, aufzusammeln. Zu Beginn lernen wir denn auch unsere Hauptpersonen kennen; Philippe, dereinst, vor seiner Verbannung zauberkräftiger Angehöriger des Haushalts des Jadekaisers, Isabelle, die just gefallene Engel und die Alchemistin Madelaine, die der süchtig machenden Engels-Essenz hilflos verfallen ist.
Sie alle treffen im Haus Silberspitzen zusammen, das nach wie vor bedeutendste Haus von Paris, einst Stammsitz von Lucifer Mogenstern, der in Notre Dames hofhielt. Seit seinem Verschwinden aber verringert sich die Bedeutung des Hauses, werden Konkurrenten immer mächtiger. Als ein tödlicher Fluch die Angehörigen des Hauses Silberspitzen heimsucht, als gefallene Engel tot aufgefunden werden scheint der Niedergang unausweichlich – einzig Philippe, Isabelle und Madelaine könnten das drohende Unheil aufhalten …
Vorliegender Roman wurde nicht nur mit dem British Fantasy-Award, sondern auch mit dem Nebula ausgezeichnet. Eigentlich, so sollte man meinen, ein Pageturner und so machte ich mich mit entsprechenden Erwartungen an die Lektüre.
Und wirklich, das Setting, ein in Trümmern liegendes, dekadentes Paris, gefallene Engel, unsterbliche Magier, süchtige Alchemisten – das hatte durchaus seinen Reiz. Allerdings, und dies ist ein großes ABER, ein richtiger Lesefluss wollte einfach nicht aufkommen. So inspirierend das in Trümmern liegende Paris mit seinen Banden auch ist, folgen wir unseren Erzählern doch nicht wirklich gerne und schon gar nicht fasziniert ins Abenteuer. Nie wurde ich mit den Charakteren warm, nie konnte ich mich wirklich in eine der Figuren hineinversetzen. Das hatte zur Folge, dass es auch keine große Figurenentwicklung gab.
Zwar streut die in Paris lebende Autorin immer wieder Geheimnisse und auch gefährliche Situationen in ihren Plot ein, allein, es fehlt an einer wirklich stringenten, mitreißenden Handlung. Stattdessen verwöhnt sie uns mit langatmigen Dialogen, zu vielen Selbstreflektionen der Figuren und einer Sprache die sehr poetisch angelegt ist. Die Zusammenhänge erschließen sich dem Leser eher zögerlich und oft auch zu spät, um wirklich Spannung aufkommen zu lassen. Es ist sicherlich in Ordnung, wenn der Autor seine Leser zum Mitdenken anregen will, doch vorliegend bleibt zu Viel diffus, letztlich leider auch stilistisch, für mich zumindest, zu sperrig und so blieb ich ein wenig enttäuscht, gerade wegen der vielen Vorschusslorbeeren des Romans zurück.
Aliette de Bodard: Das Haus der gebrochenen Schwingen.
Knaur, August 2017.
480 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.