Terry Pratchett: Die Krone des Schäfers

terryAls hätte man als junge Hexe nicht wirklich schon genug am Hals. Mit dem Kreideland, den dort lebenden Schäfern, ja und natürlich auch mit den Größten hat Tiffany Weh eigentlich schon so viel zu tun, dass ihr Tag immer viel zu wenig Stunden hat. Und dann soll sie auch noch das Revier einer Kollegin übernehmen, einen Lehrling, einen männlichen Lehrling (!) ausbilden, und als inoffizielle Anführerin aller Hexen wirken.

Da müsste sie sich eigentlich Dritteln, um die Kranken und Bedürftigen zu versorgen und zu trösten, den Sterbenden beizustehen – von den Fußnägeln alternder Männer wollen wir mal gar nicht sprechen – und Kindern auf die Scheibenwelt zu helfen. Dass sie dann noch von einigen alternden Kolleginnen angegiftet wird, macht ihr das Leben zwischen Totenbett und Wiege auf ihrem Hexenbesen hin- und herrasend auch nicht einfacher.

Damit nicht genug nutzen die vorlauten Elfen die brüchiger werdende Grenze zwischen ihrem Reich und der Scheibenwelt, um einen erneuten Vorstoß zu unternehmen. Ihre Königin haben sie abgesetzt und auf die Scheibenwelt verbannt, jetzt droht die Invasion – doch die Spitzohren haben ihre Rechnung ohne die rüstigen Rentner und die wackeren Damen mit ihren spitzen Hüten gemacht c

Der letzte Roman Tperrys um die Discworld liegt vor, respektive hinter mir.
Gerüchte wollen wissen, dass er vorliegendes Werk nicht mehr allein verfasst hat, zu deutlich sind doch die Abweichungen zu den bisherigen Darstellungen.

Inhaltlich schließt der Roman die Handlung um Tiffany Weh befriedigend ab. Die Junghexe ist erwachen geworden, hat sich durchgesetzt, nicht nur gegen das Elternhaus, sondern auch gegen ihre Kolleginnen und ihre Schutzbefohlenen.
So thematisiert der Roman, wie ein jeder Scheibenwelt-Titel wieder durchaus ernsthaftes Gedankengut. Es geht darum Verantwortung für sich, aber auch andere zu übernehmen, sich durchzusetzen, um Emanzipation – hier einmal ein Mann in einem Frauenberuf – darum, offen für Veränderungen zu sein, und überkommene Denkweisen zu hinterfragen.
Und nicht zuletzt geht es, leider nur angerissen, darum, auch einmal nein sagen zu können, zu dürfen, ja zu müssen. Allerdings erscheint Vieles im recht kurzen Roman nur angetippt, verläuft im Leeren, und hätte eine sorgfältige Aus- und Überarbeitung verdient gehabt.

Die Übersetzung, die schon vielfach gescholten wurde, liest sich zwar flüssig, baut aber kaum auf den bekannten Versatzstücken und Bezeichnungen auf. Da werden Begriffe verwechselt, neu benannt oder drücken sich altbekannte Figuren plötzlich ganz anders aus, als bislang. Hier wäre die ordnende Hand eines Discworld-Kenners im Rahmen des Lektorats hilfreich gewesen.

Ein Vermächtnis ist dieser Roman sicherlich nicht, auch nicht unbedingt ein Titel, der zu den besten der gefeierten Reihe zu zählen wäre. Was uns der Verlag hier vorlegt, das ist ein unterhaltsamer Roman der mit vertrauten Figuren in einem ebenfalls bekanntem Umfeld spielt, sich dabei auf eingeführte Schemata stützt, ohne dass er aber die Spritzigkeit oder den tiefschürfenden Humor früherer Pratchett-Titel erreicht.

Terry Pratchett: Die Krone des Schäfers.
Manhattan, November 2015.
384 Seiten, Taschenbuch, 17,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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