Vor einem Jahr ist in Sarahs Familie das Unfassbare geschehen. Ihre damals 6-jährige eineiige Zwillingstochter Lydia ist von einer Balkonbrüstung gefallen und gestorben. In Trauer blieben Sarah, ihr Mann Angus und die andere Tochter Kirstie zurück. Doch nun müssen die Ereignisse von neuem aufgearbeitet werden, dann Kirstie behauptet steif und fest, dass sie Lydia sei und eigentlich Kirstie bei dem Unfall zu Tode gekommen sei. Sarah ist geschockt und kann nicht glauben, dass ihnen bei der Identifizierung des Kindes ein Fehler unterlaufen sein soll. Aber wie soll man keine Fehler machen, wenn sich diese beiden Zwillinge bis ins kleinste Detail gleichen?
Von der ersten Seite dieses 400-seitigen Psychothrillers ist man in der Materie drin. Hier gibt es keine langweiligen Einleitungen, ellenlangen Umschreibungen und viele Worte. Das zeichnet „Eisige Schwestern“ generell aus. Es kommt auf den Punkt, ist spannend und niemals langweilig. So gut wie jede Szene führt die Leser und Leserinnen näher ans Ziel. Dabei sind nicht nur Sarah, Angus und der verbliebene Zwilling in Verwirrung verhaftet – man selbst wird auch angesteckt.
Denn sehr schnell ist man ebenfalls mit Überlegungen beschäftigt, welcher Zwilling überlebt haben könnte, wer vielleicht einen Fehler gemacht hat. Eingebettet ist die Geschichte dabei in die Umgebung einer schottischen Insel, die im Grunde abgelegen von der Zivilisation ist. Entweder man wagt den gefährlichen Weg übers Watt zu Fuß oder man hat ein Boot. Auf der Insel ist man allen Launen der Natur ausgesetzt und unter der Bevölkerung des kleinen, nahegelegenen Ortes ist sie als Geisterinsel verschrien. Ist es da noch verwunderlich, wenn der verbliebene Zwilling glaubt, den anderen ständig zu sehen?
„Eisige Schwestern“ ist Hochspannung mit angenehm lesbarem Schreibstil. Man wird immer wieder auf Holzwege geführt, glaubt Lösungen zu kennen und muss dann doch erfahren, dass alles ein Irrtum war. Bis zur letzten Seite hält dieses Verwirrspiel geradezu grandios an!
Ein gelungener, atmosphärisch dichter Roman.
S. K. Tremayne: Eisige Schwestern.
Knaur, Mai 2015.
400 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.