Ruth Kvarnström-Jones: Stockholm: Die fabelhaften Frauen des Grand Hôtel

Das Grand Hôtel in Stockholm zählt auch heute noch zu den besten im Land. Das heutige 5-Sterne-Hotel wurde 1874 eröffnet und feiert in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Toplage, direkt am Wasser, Blick auf den Königlichen Palast und die Altstadt zeichnen es auch heute noch aus. In ihrem Roman, der auf historischen Fakten basiert, erzählt uns die Autorin einiges über die wechselvolle Geschichte des Nobelhotels aber auch der Frauen, die es mit zu dem gemacht haben, was es heute noch ist. 1902 wird Wilhelmina Skogh vom damaligen Vorstand des Hotels gebeten, die Geschäftsleitung zu übernehmen und das Hotel aus der finanziellen Schieflage zu führen.

Keine leichte Entscheidung für die Herren, die sich damit einer Frau „ausliefern“. „Es gibt nichts Schlimmeres als eine Frau, die weiß, das sie recht hat“, heißt es an einer Stelle, als es darum geht, die Bedingungen zu akzeptieren, unter denen Wilhelmina Skogh bereit wäre, die Geschäftsleitung zu übernehmen. Um die finanzielle Lage des Hotels zu verbessern, will Wilhelmina einige Veränderungen vornehmen. Zum Beispiel das Restaurant des Hotels auch attraktiv machen für Einheimische.

Ein separater Eingang soll her, damit die Gäste, die nur das Restaurant besuchen möchten, sich nicht unter die Übernachtungsgäste mischen müssen. Es soll also Geld ausgegeben werden, das eigentlich gar nicht vorhanden ist, um mehr Geld einzunehmen? Eine Vorstellung, die den Herren des Vorstands zunächst nicht gefallen will. Dennoch, sie geben nach, und Wilhelmina übernimmt die Leitung des Grand Hôtel. Sie ist bereits Besitzerin dreier erfolgreicher Hotels im Umland, ist angesehen und gut vernetzt, gilt als konsequent und äußerst diszipliniert, streng und eher hart. Ihr Ruf eilt ihr voraus und nicht wenige Mitarbeiter fürchten die neue Chefin. Mit Menschenkenntnis und Vertrauen schafft Wilhelmina es, sich eine Mannschaft aufzubauen, auf die sie sich verlassen kann.

Nicht immer einfach. Als sie zum Beispiel eine junge Frau zur Chefin des Zimmerservices ernennt, rebellieren die männlichen Kollegen. Ottilia Ekmann steht am ersten Abend alleine da. Aber auch sie hat gelernt, nicht aufzugeben und Probleme als Herausforderung zu betrachten. Es gelingt ihr, eine Gruppe von Zimmermädchen dazu zu bringen, sie zu unterstützen, statt einen freien Abend zu genießen. Diese vier werden Ottilias engste Vertraute und beste Freundinnen. Ihre entschlossene Herangehensweise wird von Wilhelmina Skogh anerkannt. Sie bittet Ottilia, mit der Suche nach neuem Personal zu beginnen und sich „eine zuverlässige Mannschaft aus Frauen“ zusammenzustellen. Das gelingt Ottilia, ihr Ansehen im Hotel wächst, gegen alle Widerstände der männlichen Kollegen, die immer wieder versuchen, den Frauen das Leben schwer zu machen.

Wilhelmina, Ottilia und ihre Kolleginnen gehen ihren Weg, setzen sich durch, nehmen Rückschläge in Kauf und kämpfen weiter. Für sich und für die Gleichberechtigung, für gleiche Bezahlung, für ein selbstbestimmtes Leben. Wir lesen hier nicht nur einen wunderbar geschriebenen Roman, wir erfahren auch viel über die Lebensumstände und Arbeitsbedingungen von Männern und Frauen im Schweden des frühen 20. Jahrhunderts.

Ein fesselnder Roman, gewoben um die Geschichte eines Nobelhotels und der damaligen Zeit.

Ruth Kvarnström-Jones: Stockholm: Die fabelhaften Frauen des Grand Hôtel
Aus dem Schwedischen übersetzt von Karin Dufner
Blanvalet, Juli 2024
576 Seiten, Paperback, 17,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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