Renée Karthee: Die seltsame Reise mit meinem Bruder

bruderNellys Leben ändert sich an dem Tag, als ihre über 70-jährige Mutter im Garten stürzt und im Krankenhausoperiert werden muss. Infolge dessen kann sie sich mindestens eine Woche lang nicht um Nellys älteren Bruder Nils kümmern. Der ist immerhin schon 45 Jahre alt und sollte eigentlich in der Lage sein, auf sich selbst aufzupassen. Das allerdings kann Nils nicht, im Gegenteil muss sein Leben nach einem strickten Muster ablaufen und mit seinen autistischen Zügen wird jede Abweichung vom Alltag zum Minenfeld. Da kommt die Reise nach England zur Hochzeit eines Cousins gerade richtig! Nelly und Nils wagen die Reise und lernen auf dieser mehr über sich selbst als in den vergangenen Jahren.

Renée Karthees Figuren sind allesamt sympathisch, teils etwas skurril gezeichnet. Vor allem zu erwähnen ist dabei eine der Nebenfiguren, Renees Kollege, der sie bei ihrem fahrenden Sandwich-Wagen unterstützt. Ashok ist Inder und peppt das Geschehen mit Weisheiten seines Landes und Tipps seiner Großmutter auf. Ihm hätte man gut und gerne mehr Raum einräumen können, denn er ist wirklich lustig. Die restlichen Figuren versuchen leider nur, lustig zu sein. Dies gelingt meist nur mäßig. Das ist ein allgemeines Problem dieses Romans! „Die seltsame Reise mit meinem Bruder“ möchte wichtig und erfrischend sein, schafft dies aber nur selten. Die meisten Szenen wirken bemüht witzig, so als müsste Dieses oder Jenes passieren, damit die Leserinnen und Leser danach auch unbedingt sagen, dass der Roman witzig war. Karthee würde auch ohne Witz auskommen! Die Tatsache, dass sie es dennoch versucht, lässt den Roman manchmal etwas anstrengend wirken.

Zurück bleibt immerhin eine nette Geschichte, die es zwar nicht zu lesen lohnt, die sich aber dennoch schnell lesen lässt. Manche Erkenntnis im hinteren Teil des Romans ist gelungen und auch die eher flapsig formulierten Rezepte am Ende eines jeden Kapitels tragen zu einem immerhin noch guten Eindruck bei!

Ein netter, aber keinesfalls überragender Roman. Zu diesem Thema gibt es viele Titel, die viel besser sind als dieser.

Renée Karthee: Die seltsame Reise mit meinem Bruder.
Ullstein, Juli 2015.
304 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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