Ein äußerst düsterer Roman stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2016: „Fremde Seele, dunkler Wald“ des 1982 geborenen österreichischen Autors Reinhard Kaiser-Mühlecker.
Es geht um zwei Brüder, aus deren Perspektive der Autor abwechselnd erzählt. Der eine hat den heimischen Bauernhof irgendwo im oberösterreichischen Niemandsland verlassen, um in einer internationalen Truppe als Soldat zu dienen. Der andere, erst 15 Jahre alt, erledigt fast alle Arbeiten, die auf dem Hof anfallen, allein. Versuche, sich von dort zu befreien, scheitern.
Um es positiv darzustellen: Der Roman hält durchgehend eine dumpfe und freudlose Atmosphäre, die ein wenig wie aus der Zeit gefallen wirkt. Bis auf wenige Details – wie Handys –, könnte der Roman auch irgendwann im 19. Jahrhundert spielen und von einem Autor wie etwa Adalbert Stifter stammen. Das Wörtchen „archetypisch“ wird in solchen Zusammenhängen gerne verwandt.
Weniger positiv: Die Familie, um die es hier geht, könnte aus einem Horrorfilm stammen. Die Großeltern sitzen auf ihrem Geld, das vermutlich aus Nazikreisen stammt, der vollkommen unfähige Vater hängt irgendwelchen spinnerten Ideen nach, wie er zu Geld kommen könnte, verkauft aber stattdessen nach und nach die Anteile des Hofes, während die Mutter nur stumm und teilnahmslos dabei sitzt. Beide Söhne sind depressiv und maulfaul. Überhaupt spricht in diesem Buch niemand so recht mit einem anderen.
Und irgendwann stellt man sich als Leser unweigerlich die Frage, warum genau man sich eigentlich für diese Hinterwäldler interessieren soll, zumal Reinhard Kaiser-Mühlecker zwar viele Handlungsfäden spinnt, sie aber weder zu Ende erzählt, noch sonst in irgendeiner Weise verbindet.
Man hat zuweilen den Eindruck – und das schon seit Jahren -, dass die Jury, die für die Auswahl der Bücher zuständig ist, die auf der Shortlist landen, durchgängige Humorlosigkeit mit literarischer Qualität verwechseln.
Reinhard Kaiser-Mühlecker: Fremde Seele, dunkler Wald.
Fischer, August 2016.
304 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.