Ralf Otterpohl: Das Neue Dorf

Die aktuellen Berichte über belastete Eier haben den einen oder anderen aufgeschreckt. Der Skandal um Gammelfleisch ist möglicherweise vergessen, die nächsten Hiobsbotschaften sind vorprogrammiert. Eine Alternative zu der industrialisierten Nahrungsherstellung sieht Ralf Otterpohl in der Dezentralisierung. Verschiedene Standorte mit Agrarbetrieben, die alle in der Nähe von Städten angesiedelt sind, könnten ein besserer Weg für unsere Nahrung sein.

In seinem Buch zählt er die Vorteile auf. Autarke Lebensführung, gesunde Nahrung, die auf gesunden Äckern wächst, eigener Vertrieb und die Förderung des Handwerks bilden die Basis für Ringdörfer. In einer umfassenden Zusammenstellung vieler Quellen zeigt er, wie der Verbund von etwa 150 engagierten Menschen pro (Ring-)Dorf gelingen kann. Ganzheitlich skizziert er ein System, das an ein Ökosystem in Flora und Fauna erinnert, bei dem zusätzlich der Mensch positiv integriert ist. Ob es sich um die Regenerierung zerstörter Böden handelt, andere Lebensformen oder den Umweltschutz, alles unterlegt er mit Quellen und nachprüfbaren Beispielen. Auch die Thematik Finanzierung und Politik werden nicht ausgespart.

Prof. Dr. Ralf Otterpohl lehrt an der TUHH und leitet das Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz. Seine Erkenntnisse und langjährigen Erfahrungen im Hinblick auf ländliche Entwicklung, den Aufbau von Kommunen und Umweltschutz haben ihm geholfen, ein Konzept zu entwickeln, das er »das Neue Dorf« nennt. Hierbei geht es einerseits um die Reduzierung auf die wesentlichen Werte eines gesunden Lebens. Andererseits kann der Verbund mit gleichgesinnten Menschen sowohl der Umwelt helfen als auch die Macht der Konzerne einschränken. Der Autor wünscht sich freie Menschen mit einem Maximum an Handlungsfreiheit.

Wer zu einem Sachbuch greift, bekommt in der Regel ein aufbereitetes Wissensgebiet präsentiert. Der Sachtext beantwortet Fragen, und gleichzeitig glaubt der Leser, einen Wissensbereich verstanden und begriffen zu haben. Ralf Otterpohls Buch funktioniert wie eine Vorlesung. Ein Themenbereich wird umrissen, und der Autor überlässt es dem Leser, die Leerstellen durch eigenes Erfahren und Lernen zu füllen. Ein funktionierendes Neues Dorf und eine gedeihliche Lektüre brauchen die gleichen Voraussetzungen: Lernbereitschaft und eigenständiges Denken.

Ralf Otterpohl: Das Neue Dorf: Vielfalt leben, lokal produzieren, mit Natur und Nachbarn kooperieren.
oekom Verlag, August 2017.
180 Seiten, Taschenbuch, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.