„Wirf deine Krücke ins Abendrot!“ ist das Debüt von Peter Sonnenbichler. Auf mehr als 200 Seiten verführt der Lyriker mit kraftvollen und doch sensiblen Zeilen in eine schöne Vergangenheit oder auch Parallelwelt, ohne die Gegenwart dieser Erde zu vernachlässigen. Der Autor nimmt LeserIn mit dem lyrischen Ich an die Hand und zeigt Ästhetik ohne Kitsch, prangert an ohne Stereotype.
Die Lyrik von Sonnenbichler ist erfrischend neu. Nicht nur im Format. Die Zeilen wimmeln vor Neologismen, die mit Aussagekraft zu überzeugen wissen. Eingeteilt ist das Buch in sechs Kapitel, die von wilden Blumen, dem roten Stern im Süden, Herzfüllungen, dem Abererkennen und dem damaligen Zauberfrühling handeln. Textbeispiel gefällig?
„kaum bewegt sich ein blatt
flach geht der atem der welt
und die polkappen hängen sicher schon
durch bis zu den wendekreisen.
da ist die luft draußen.“
Diese wenigen Zeilen zeigen: Sonnenbichler geht es nicht allein um das immerwährende Schöne (aber auch) oder die Vollkommenheit der Vergangenheit (aber auch um das): Der Dichter prangert an. Er erhebt die lyrische Stimme gegen die Zerstörer der Natur.
Die einfache Sprache und Kraft der Lyrik wird durch den Verzicht auf Großschreibung und der spärlichen Verwendung von Interpunktion unterstrichen und verstärkt.
Erschienen ist der Band in der Edition Sonne und Mond, die sich der ganzheitlichen Ästhetik verschrieben hat. Über die Grenzen Wiens hinaus, wo die Edition angesiedelt ist, ist das Pappelblatt, die literarische Zeitschrift der Edition, bekannt.
Peter Sonnenbichler begeistert mit „Wirf deine Krücke ins Abendrot!“ nicht nur den ausgemachten Lyrikfreund. Die kraftvoll-sensible Sprache richtet sich an alle Liebhaber der Schönheit.
Peter Sonnenbichler: Wirf deine Krücke ins Abendrot.
edition sonne und mond, September 2020.
207 Seiten, Taschenbuch, 16,50 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Michael Pick.