Das Leben ist nicht einfach, wenn man als 13-jähriger Teenager dazu gezwungen ist, mit allen seinen verrückten Geschwistern und wechselnden Aupair-Kräften zusammenzuleben. Ihre Eltern sieht Bluebell dabei selten, sie sind ständig unterwegs und überlassen die Kinder der Obhut der meist überforderten Hilfskräfte. Umso besser für Bluebell: So kann sie ungehindert ihrem Hobby, dem Filmen, nachgehen und muss sich nicht mit so lästigen Dingen wie Hausaufgaben abgeben. Es bleibt jedoch immer genügend Zeit, sich mit den Geschwistern zu zanken oder anderen Schabernack auszuhecken. Doch auf der Familie liegt ein dunkler Schatten, der alle innerlich zu belasten scheint …
Schnell wird beim Hören von „Die Geschwister Gadsby“ klar, dass es hier um mehr geht als eine kunterbunte Familie, bei der es häufig drunter und drüber geht. Manche der Kapitel bestehen aus Filmaufnahmen von Bluebell, in denen – meist ohne Schilderung des Tons – typische Familiensituationen aufgegriffen werden. Ganz egal, ob das nur der Streit zwischen den jüngeren Geschwistern ist oder der Versuch des neusten Aupairs, sich in der Rasselbande durchzusetzen. Ein gelungenes Medium, um das Familienleben unverfälscht kennenzulernen. Man hat häufig das Gefühl, dass man diese fiktive Familie schon lange kennt! Das liegt natürlich nicht nur an den Filmaufnahmen, sondern auch an den äußerst sympathischen Figuren, von denen jede ihre ganz persönliche Eigenheit hat. Es wäre nicht verwunderlich, wenn diese Kinder und Jugendlichen ein real existierendes Pendant im Umfeld der Autorin hätten. Dafür wirken sie manchmal einfach zu authentisch.
Für die wahre Genialität dieses Hörbuchs sorgt allerdings noch etwas Anderes. Zum Beispiel Sascha Icks, die für die Vertonung der gekürzten Audioversion gewonnen werden konnte. Sie versteht es, die Zwischentöne dieses Romans aufzugreifen. Denn bei den Geschwistern herrscht nicht nur Jubel, Trubel, Heiterkeit. Immer wieder schwingen auch leise, tiefgründige Töne mit. Und der bereits hörbucherfahrenen Schauspielerin gelingt es hervorragend, genau darauf ein Augenmerk zu legen. Bluebell hat vor drei Jahren ihre Zwillingsschwester verloren. Während sie das Gefühl hat, dass kaum jemand außer ihr sich noch an das Mädchen erinnert, trauern auch Jasmin, Twig und die anderen, vor allem die Eltern. Natasha Farrant gelingt es großartig, in ihrem Roman beide Seiten zum Klingen zu bringen, das vordergründig fröhliche Familiendurcheinander und die stillen Momente der Erinnerung und der Trauer.
Ein sehr, sehr gutes Hörbuch! Sascha Icks verpackt das kleine Überraschungsei aus Witz und Ernst immer genau passend. Nicht nur Jugendliche ab 12 Jahren sollten hier bestens unterhalten sein. Auch interessierten Erwachsenen und Eltern sei „Die Geschwister Gadsby“ wärmstens ans Herz gelegt!
Natasha Farrant: Die Geschwister Gadsby, gelesen von Sascha Icks.
Silberfisch, Februar 2014.
4 CDs, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.