Die Idee, einen Roman in Form eines Mail-Austauschs zu schreiben ist nicht neu. Man denke nur an den wunderbaren Roman von Daniel Glattauer. Und obwohl der Roman von Mary Adkins mit „Gut gegen Nordwind“ von Glattauer nicht vergleichbar ist, hat mir das Buch doch gefallen.
Iris Massey stirbt mit Anfang Dreißig an Krebs. Sie hat in der Zeit vor ihrem Tod einen Blog über das Sterben geschrieben. Ihr Arbeitgeber und Freund Smith Simonyi, der nach wie vor gefühlvolle Mails an Iris schreibt, findet durch Zufall einen Hinweis, dass Iris sich gewünscht hatte, dass er diesen Blog nach ihrem Tod veröffentlicht.
Jade, die ältere Schwester von Iris, leidet fürchterlich unter deren Tod. Sie kompensiert das durch Recherchen, um den behandelnden Ärzten einen Kunstfehler bei der Therapie ihrer Schwester nachweisen zu können. Jade ist Starköchin in einem Sternerestaurant, kündigt jedoch ihre Stelle, weil sie glaubt, sich um ihre Mutter kümmern zu müssen. Jade ist nun strikt gegen eine Veröffentlichung des Blogs ihrer Schwester. Aus ihrem Widerspruch entwickelt sich ein reger Mailaustausch zwischen ihr und Smith.
Was das Ganze zum einen sehr verwirrend, zum anderen aber auch witzig und interessant macht, sind die vielen Mails, die sowohl Jade wie auch Smith von anderen Personen erhalten bzw. an andere Leute senden. Allen voran Smiths neuer Praktikant Carl Van Snyder III, der sich permanent in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen und ständig seine Kompetenzen überschreitet. Dabei verursacht er nicht nur peinliche Momente für Smith. Oder auch Jades regelmäßige Mails an die „Automatische Therapeutenvertretung ATV“, der sie zum Beispiel auf die automatisch generierte Frage „Was haben Sie verloren?“ antwortet: „Meinen Verstand“ und dies dann ausführlich erläutert, wohl wissend, dass diese Mail von keinem menschlichen Empfänger gelesen wird.
Dazwischen fügt die Autorin immer wieder Auszüge aus Iris‘ Blog, die wirklich zu Herzen gehen. Zu lesen, wie eine junge Frau mit dem Wissen zurechtkommen muss, dass sie nur noch begrenzte Zeit zu leben hat, erschüttert und macht sehr nachdenklich.
Dabei ist der Roman dennoch vorrangig humorvoll und mit leichter Hand geschrieben. Es hat sehr viel Spaß gemacht, diese verwickelte Geschichte zu lesen, auch wenn die Leserin einiges an Konzentration aufbringen muss, um immer zu erkennen, wer denn nun gerade an wen mailt.
Ich verrate nicht zu viel, wenn ich noch erwähne, dass sich Jade und Smith nach etlichen gegenseitigen Mails natürlich treffen. Was sich dann daraus entwickelt, sollte man selbst lesen. Ich kann diesen unterhaltsamen Roman empfehlen.
Mary Adkins: Wenn du das hier liest.
Rowohlt, August 2020.
368 Seiten, Taschenbuch, 10,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.
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