Mal Peet: Die Murdstone-Trilogie

malPhilip Murdstone verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben. Als gefeierter Jugendbuchautor besetzt er die Nische des zurückgebliebenen, behinderten Jungen und hat hier den wegweisenden Roman schlechthin verfasst.

Doch auch ein Autor und seine Agentin müssen leben – und, wie ihm Minerva in drastischen Worten klarmacht, will seine einfühlsamen Geschichten über behinderte Jungen niemand mehr lesen. Fantasy boomt, und wenn er weiter bei ihr im Stall bleiben und Geld verdienen will, dann soll er sich gefälligst auf den Hosenboden setzen und einen möglichst dicken Schmöker, natürlich nur der erste Band einer Trilogie, nach Schema x verfassen.

Depressiv begibt sich unser ehemaliger Starautor in den Pub, trinkt ein paar Pint zu viel und ruht sich auf dem Heimweg in sein walisisches Cottage am Altarstein von Wringer ein wenig aus.

In seinem Suff überkommt ihn eine Vision – ein merkwürdiger Gnom, der sich Pocket Wallfair nennt erzählt ihm eine epische Geschichte voller Magie und Abenteuer.
Leider fehlt ihm, nachdem er die Saga zu Papier, respektive in die Tastatur seines PC gekloppt hat, das Ende.

Also zurück auf Anfang, sprich Pub, das Bier, der Altarstein und tatsächlich wartet in seinem alkoholumnebelten Dasein Wallfair auf ihn, der ihm einen Vorschlag unterbreitet.

Er erzählt die Geschichte zum vorläufigen Ende, dafür muss Philip ihm das auf unserer Welt versteckte Amulett von Eneydos besorgen. Gesagt, getan, einen drakonischen Eid später ist das Buch fertig, und Philip ein gefeierter, schwer reicher Fantasy-Bestsellerautor.

War da nicht noch etwas außer Groupies, Interviews und hochbezahlte Signierstunden? Richtig, der Eid und das Amulett. Doch ausgerechnet als er das Amulett überreicht bekommt, hat er eine Schreibblockade – und Pocket Wallfair glänzt durch Abwesenheit.

Gerade lässt er sich vom Amulett inspirieren, da kommt Pocket des Weges und fordert die versprochene Herausgabe. Als er mitbekommt, dass sich unser mittlerweile gefeierter Bestsellerautor vom Amulett die zukünftige Geschichte diktieren lässt, ist Feuer unterm Dach. Zu gefährlich, die Welt sei in Gefahr, schließlich erklärt er sich bereit, für die Übergabe des Amuletts eine fiktive Fortschreibung des ersten Teils abzuliefern.

Das Murmeltier grüßt, erneut warten Ehren und Reichtümer auf unseren Fantasy-Autor, der sich von der Öffentlichkeit zurückzieht, vorgeblich um den abschließenden dritten Teil zu schreiben. Doch in Wahrheit ist Philip auf der Flucht vor dem bösen Nekromanten aus seinem Roman – der ihm ganz figürlich nachstellt. Es droht nicht nur der Untergang der Fantasy-Welt, es ist auch unsere Welt in Gefahr …

Der Piper Verlag hat sich zwischenzeitlich einen Namen gemacht bei Freunden der humorvollen Fantasy. Während andere Verlage einen großen Bogen um lustige Werke der phantastischen Art machen, haben diese bei Piper einen festen Platz im Programm. Mit vorliegendem Buch – als Trilogie in einem Band tituliert – bereichert der Verlag seine diesbezügliche Sektion. Und wirklich ist der Roman unterhaltsam und lustig. Wer nun aber meint, dass wir wirklich in eine archaische Fantasy-Welt entführt werden, der sieht sich getäuscht. Statt dessen erhalten wir einen sehr intimen Blick hinter die Kulissen des Literatur-Business´.

Wir erleben mit, wie ein Bestseller gemacht, sein Autor und das Buch selbst vermarktet werden und wie der Druck auf den Verfasser, doch bitteschön endlich die so lang ersehnte Fortsetzung zu schreiben, zunimmt.

Sicherlich geht es Ruhm, aber mehr noch um Geld. Geld für den Autor und dessen Agentin, aber auch für die Verlage, die Merchandise Productfirmen, das Filmstudio und die Programmierer des entsprechenden PC-Games. Geschickt nimmt Peet die Industrie und deren Eigenheiten hier auf die Schippe, nimmt uns aber auch mit seinem sympathisch bodenständigen, leicht trotteligen Protagonisten für sich und den Plot ein.

Vieles wird nur angedeutet, insbesondere was die Beziehung zur Fantasy-Welt anbelangt, Peet konzentriert sich lieber auf das Hier und Jetzt. Und da zeichnet er mit leichter Hand skurrile Gestalten, etwa die alternden Zwillingsschwestern, die die örtliche Bibliothek im Kaff in dem Philip wohnt betreiben, oder die knallharte Agentin.

Es menschelt viel im Roman, der durch und mit der Zeichnung Philips lebt. Hier ist es dem Autor gelungen, uns einen Charakter vorzustellen, der uns, gerade weil er kein „kam, sah und siegte“ Typ ist, weil er sich auf fremde Lorbeeren stützt und dem plötzlichen Erfolg fast hilflos gegenübersteht, ans Herz wächst.

Das überraschende Finale schließt das Buch würdig ab, der Plot reizt uns oft zum Schmunzeln, so manches Mal musste ich laut lachen, ohne dass der Autor auf Slapstick-Elemente zurückgreifen muss. So ist dies ein eher leises Buch, das ohne große Action-Szenen auskommt, das einfühlsam gezeichnete Figuren präsentiert und humorvoll-augenzwinkernd unterhält.

Mal Peet: Die Murdstone-Trilogie.
Piper, Februar 2016.
320 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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