Als ihre Klarinette durch den verhassten Stiefvater zu Bruch geht, beschließt Melody, abends nicht nach Hause zu kommen. Durch einen Zufall wird sie für Linda gehalten, die Enkelin eines reichen alten Mannes, der jedoch blind ist und so die Verwechslung nicht aufklären kann. Melody übernachtet an Lindas Stelle im Gästezimmer des alten Mannes und klärt das Problem nicht auf. Doch am nächsten Morgen ist alles anders! Ihr Bruder Amadeus wurde verhaftet, weil man ihn als Täter des am anderen Tag stattgefundenen Bankraubes identifiziert hat. Doch das kann Melody nicht glauben! Nicht Amadeus, dieser aufrichtige und ehrgeizige junge Mann! Und dann wird auch noch sie selbst gesucht, da sie mit dem erbeuteten Geld auf der Flucht sei. Tatsächlich befindet sich in Melodys roter Tasche ein großer Batzen Geld …
In diesem Roman passiert schon in den ersten Kapiteln so viel, dass es schwerfällt, eine kurze Zusammenfassung zu geben. Der Inhalt dieses Werkes ist weitaus breiter gefächert, als es hier vielleicht deutlich wird. Und doch verliert man niemals den Überblick. Häufige Perspektivwechsel sollte man allerdings schon mögen! Denn neben einem Blick auf Melody kommen neben ihr auch zahlreiche andere, involvierte Jugendliche zur Sprache. Es gelingt der Autorin allerdings, dies immer gut deutlich zu machen. Man weiß sehr genau, bei wem man sich zurzeit befindet und auch zeitlich lässt sich das Geschehen stets zuordnen.
Kirsten Boie spielt mit der Wahrnehmung der Leserinnen und Leser. Nach gut 100 Seiten gibt es wichtiges Aha-Moment, das die Geschichte in einen völlig neuen Blickwinkel rückt. Oder nicht? Das sollte jede Leserin und jeder Leser für sich entscheiden. Denn es geht auch um Vorurteile und wie sehr sie unser Urteilsvermögen belasten. Besagter Aha-Moment wird so manchen ins Grübeln bringen und sei deshalb hier nicht vorweggenommen.
„Schwarze Lügen“ ist ein fantastisches Jugendbuch für Kids ab etwa 14 Jahren. Es bietet Spannung und einen pfiffigen Kriminalfall, der äußert interessante Ausmaße nimmt. Manchmal ist es natürlich ein bisschen viel des Zufalls, aber das stört nicht. Kirsten Boie schreibt toll und mitreißend, die Seiten fliegen nur so dahin und natürlich möchte man wissen, wie Melody sich aus der Affäre zieht und wie es mit Amadeus weitergeht. Dass man als Leserin oder Leser ganz genau weiß, wie der Fall gelöst werden könnte, nutzt die Autorin ebenfalls für sich.
Super gemacht und absolut lesenswert!
Kirsten Boie: Schwarze Lügen.
Oetinger, Mai 2014.
416 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.