Vorhang auf zum dritten und damit letzten Band um das Sternenreich, das sich vor Jahrtausenden von der Erde losgesagt, und mittels den die Planeten verbindenden Ströme prosperiert hat. Der Adel und ihre Handels-Häuser haben die Wirtschaft unter sich aufgeteilt, der Reichtum sorgt dafür, dass alle, auch die Armen, Wohlstand und Sicherheit genießen können. Dass eben jene Ströme, die das Reisen und den Warenaustausch zwischen den Planetensystemen erst ermöglichen am Zusammenbrechen sind, macht nicht nur der Imperatox und den Handelshäusern sondern so langsam auch den Bürgern Sorgen. Ein einziger Planet böte die Voraussetzungen, auf ihm dauerhaft zu überleben – doch zum Einen ist er weit entfernt und könnte auch unmöglich die Milliarden Bewohner der anderen Systeme und Habitate aufnehmen.
Imperatox Grayland II hat bereits mehrere Attentate überlebt, hat sich jede Menge Feinde, aber auch einige Verbündete geschaffen. Unter diesen einen Mann, den zu lieben sie gelernt, den zu ehelichen sie vorhat. Dass dieser möglicherweise eine Lösung zur Verhinderung des bevorstehende Genozids finden kann, wäre hilfreich, da ihr Gegnerin, deren Anschläge schon mehrfach fast erfolgreich waren, erneut ihr dunklen Ränke schmiedet. Doch dann muss sie einsehen, dass sie nicht Beiden bekommen kann – persönliches Glück und die Rettung ihrer Untertanen …
Ich weiß nicht mehr genau, ob es Pérez-Reverte oder Carlos Ruiz Zafón war, der in einem Interview sinngemäß einmal gesagt hat, das das Wichtigste an jedem Roman der erste Satz sei. Mit diesem, meinte der Meister der Worte, muss man den Leser auf den Haken der Angel ködern, so dass er/sie nicht mehr vom Text loskommt. John Scalzi beherrscht die Kunst des ersten Satzes perfekt. Beispiel gefällig? „Das komische war, dass Ghereni Nohamapetan, der amtierende Herzog von Ende, die Boden-Luft Rakete, die in seinen Fluggleiter krachte, eine Sekunde vor dem Einschlag tatsächlich sah.“
Wow, und schon sind wir mittendrin in der Handlung.
Scalzi, den ein früherer Herausgeber einer großen Deutschsprachigen SF Reihe einmal als den Heinlein unserer Tage bezeichnete – und damit gar nicht so falsch lag -, verfolgt seine drei Handlungsstränge konsequent weiter.
Als da sind – die Imeratox, die unerwartet und ungewollt an die Macht gekommen, versucht ihre Aufgabe, so schwer es ihr fällt, auszufüllen, sich ihren viele adeligen und mächtigen Gegnern in den Weg zu stellen und dabei gegen Windmühlenflügel kämpft. Dann Nadashe Nohamapetan – unerbittliche, skrupellose und über-egoistische Gegnerin der Imeratorix, die einmal mehr auch besiegt nicht aufgibt und die nächsten Anschläge ausheckt. Und Lady Kiva „verfickte“ Lagos – adeliges Schandmaul, primitiv und triebgesteuert, aber mit dem Mut einer Löwin und dem Herzen auf dem rechten Fleck. Über und mit diesen Drei führt Scalzi seine Trilogie – die erste Reihe, die er als abgeschlossenen Zyklus entwarf und umsetzte – zu einem Ende. Ich sage bewusst nicht triumphale Ende. Dafür ist gerade das Finale zu unglaubwürdig, dem Autor unterlaufen Logikfehler und überzeugende Vorgehen gegenüber gnadenlosen, tödlichen Gegnern die man in seinem Gewahrsam hat geht anders – mehr wird nicht verraten.
Es gibt einige durchaus überraschende Aufdeckungen und Geheimnisse, die gelüftet werden, so dass sich das Buch munter, locker und flüssig in einem Rutsch liest. Dennoch bin ich – auf hohem Unterhaltungsniveau – ein klein wenig Enttäuscht. An die Old Men Romane kommt das „Imperium der Ströme“ nicht heran, obwohl die eingeflossenen Ideen bestechend, das Figurenkabinett vielfältig und interessant und die Entwicklungen spannend sind. Nur hatte ich den Eindruck, dass Scalzi mehr hätte aus diesen tollen Vorlagen machen können, ein anderer, überzeugenderer Schluss hätte die Reihe aufgewertet.
So bleibt eine gut lesbare, moderne Space Opera mit einem Finale, das zwar überraschend, aber nicht glaubwürdig rüberkommt.
John Scalzi: Das Imperium der Ströme 03: Schicksal.
Aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Kempen.
Fischer TOR, August 2021.
368 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.