Hannes Jaenicke wurde 1960 in Frankfurt am Main geboren und verbrachte einen Teil seiner Kindheit in den USA. Er absolvierte seine Schauspielausbildung in Wien und London und ist bekannt als Schauspieler, Sprecher von Hörbüchern und vor Kurzem auch als Sprecher der sehenswerten mehrteiligen Dokumentation „Die Geschichte der Menschheit“. Zusätzlich engagiert sich Jaenicke auch mit großem Einsatz als Umweltaktivist, Tierschützer und in diversen sozialen Projekten.
„Die große Volksverarsche – Wie Industrie und Medien uns zum Narren halten“: Schon beim Titel nimmt Jaenicke kein Blatt vor den Mund. Er schreibt, was er denkt und kommt mit seiner verständlichen und direkten Sprache bei dem an, den das Thema betrifft: Otto Normalverbraucher.
Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum ausgerechnet die Bio-Salatgurken im Supermarkt nochmal in Plastik verpackt sind, während die „normalen“ Gurken umweltverträglich „nackt“ da liegen? Jaenicke beantwortet diese Frage in seinem Buch.
Neben umweltschädlichen Verpackungen ist reißt der Autor viele weitere Themen an, die uns Verbraucher betreffen und bei denen wir von Wirtschaft, Politik und Medien für dumm verkauft werden. Darunter sind Banker, die uns zum eigenen und zum Nutzen ihres Instituts sowie zu unserem Schaden falsch beraten, falsche Versprechungen der Schönheitsindustrie und ihrer Produkte, eine Pharmaindustrie, die auf Gewinn statt auf Heilung aus ist und Kleidung die unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen und giftstoffbelastet in Schwellenländer hergestellt wird.
Es werden reichlich Themen angerissen, so dass es einem schon fast zu viel werden kann. So viele Baustellen – wie soll man sich da richtig verhalten? Aber der Autor nimmt den Verbraucher in die Pflicht. Der Konsument hat Macht. Durch seine Entscheidungen, Käufe oder Kaufverweigerungen nimmt er Einfluss auf Wirtschaft und Politik. Jaenicke gibt in seiner Rubrik „Konsumenten-Navi“ ein paar Tipps, nennt aber hauptsächlich Internet-Adressen, auf deren Seiten sich der Verbraucher selbst schlau machen kann. Gleichzeitig erfahren wir aber, dass das Internet auch von der Wirtschaft zum Zwecke des sog. „greenwashing“ genutzt wird. Was also soll der Verbraucher noch glauben dürfen?
Eingang seines Buchs zitiert Jaenicke Mahatma Gandhi: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“.
Leider bestimmt in unserer Welt nicht mehr nur die Nachfrage das Angebot. Es werden Angebote erschaffen, die nicht zur Stillung unserer Bedürfnisse gedacht sind, sondern um der Wirtschaft Umsätze zu bringen. Hierzu gehören insbesondere gesundheitsschädliche Lebensmittelkreationen und Importe aus weit entfernten Anbaugebieten. Aber wer würde heute schon noch auf seine Kiwis verzichten wollen? Wer mag den Kleinen die übersüßen Kinderprodukte im Kühlregal standhaft verweigern?
Selbst wenn man sich als Verbraucher auch mühen mag, umweltschonend und sozialverträglich zu kaufen und zu leben: Es erfordert schon eine gewaltige Konsequenz und nicht zuletzt auch Einschränkung, sich allen vorhandenen Angeboten zu verweigern. Der Konsument wird mit seinem Verhalten also möglicherweise kleinere Änderungen herbeiführen, aber um die Gier nach maximalen Gewinnen und die damit oft verbundene Menschenverachtung unserer wirtschaftlichen Strukturen zu ändern, wird es wohl nicht reichen.
Um wirklich eine Kursänderung zu erzielen, müssen die in die Pflicht genommen werden, die am längeren Hebel sitzen: Die Politiker. Diese verpflichten sich mit Ihrem Amtseid ebenso dem Wohle und dem Nutzen des Volkes als auch dazu, Schaden von ihm abzuwenden. Es wäre an der Zeit, dieses Versprechen in die Tat umzusetzen.
Hannes Jaenicke: Die große Volksverarsche – Wie Industrie und Medien uns zum Narren halten.
Gütersloher Verlagshaus, Mai 2013.
192 Seiten, Gebundene Ausgabe, 17,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Pia Konle.