Nach seiner Pensionierung 2015 hat sich der legendäre Theaterkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Gerhard Stadelmaier, keineswegs auf die faule Haut gelegt, sondern seinen ersten Roman verfasst. „Umbruch“ heißt er, ist laut Verlag eine „literarische Autobiographie“ und beschreibt die ersten und mittleren Jahre des Autors bei der Zeitung.
In diesem Buch dürften nicht nur Zeitungsleute – aber die natürlich besonders – allerlei Interessantes finden: zum Beispiel über die Allmacht eines Lokalchefs in den 60er und 70er Jahren, der von den Anwohnern halb ehrfurchtsvoll, halb spöttisch „das Herrgöttle“ genannt wurde. Obwohl Stadelmaier ihn nicht nennt, dürfte sein Herkunftsort Schwäbisch Gmünd gemeint sein.
Später wechselt er ins Feuilleton der Stuttgarter Zeitung, die im Roman „Landeszeitung“ heißt. Dort lernt er die skurrilen und zum Teil etwas weltfremden Kollegen in ihrem (Elfenbein)-Turm kennen und beschreibt, wie sie sich den Anfeindungen der Redakteure aus den anderen (bodenständigeren) Ressorts erwehren müssen.
Ganz anders wiederum geht‘s im Feuilleton der F.A.Z. zu, die hier „Staatszeitung“ heißt. Die sich mit ihren hochgeistigen Inhalten beschäftigenden Kollegen schreiten durch die heiligen Räume und geben sich elitär. Stadelmaier bekundet seine Bewunderung für den früheren F.A.Z.-Feuilleton-Chef Joachim Fest und lässt seine Abneigung gegen dessen Nachfolger Frank Schirrmacher durchscheinen.
Störend ist die zuweilen doch arg geschraubte Sprache, die den Autor in ein etwas arrogantes, hochnäsiges Licht setzt. Dabei ist der Gegenstand, über den Stadelmaier schreibt so interessant, dass es gar nicht dieser Pirouetten bedürfte. Auch die Eigenart, dass er keine Namen und Orte nennt, ist eine verzichtbare Marotte.
Gerhard Stadelmaier: Umbruch.
Paul Zsolnay Verlag, September 2016.
400 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.