Nach vielen Jahren kehrt Nishimura zurück nach Tokio. Er weiß, dass es gefährlich ist. Aber trotzdem muss er zurück, um Gewissheit zu haben, was mit seinem besten Freund passiert ist. Sie waren über viele Jahre perfekte Taschendiebe: ein geniales Team, das Bargeld stahl und den ahnungslosen Opfern die leeren Brieftaschen zurück in die Taschen schob. Noch immer nimmt er die Reichen aus und arbeitet für sich.
Als ihn ein alter Bekannter entdeckt, sieht es so aus, als habe ihn die Vergangenheit nie vom Haken gelassen. Das Spiel der großen Banden um Macht und Geld braucht auch heute seine Bauernopfer. Nishimura will nicht mitspielen und verabscheut Gewalt. Viel lieber will er sich um einen vernachlässigten Jungen kümmern, der ihn an seine eigene Jugend aber auch an seine tote Freundin und ihr Kind erinnert.
Kurz darauf wird er von seinem früheren Auftraggeber entführt, der für das Verschwinden seines besten Freundes verantwortlich war. Nishimuras Leben in Tokio ist wieder lebensgefährlich. Drei schwierige Aufgaben soll er erfüllen, und Scheitern ist nicht erlaubt.
Fuminori Nakamura, geboren 1977 Tõkai, lebt in Tokio. Er gehört zu den preisgekrönten Vielschreibern und dies zu Recht. Denn ihm gelingt das Kunststück mit wenigen Sätzen einen großen Erzählbogen zu spannen. Seine Bilder erlauben Assoziationen und Kopfkino, so dass bei der Lektüre alles so lebendig wird, als wäre man Zuschauer in einem Film. Natürlich geht es in diesem Roman in erster Linie um Leben und Tod. Aber auch ein klassisches Thema aus der Philosophie wird aufgegriffen: Wer schreibt das Drehbuch für ein Menschenleben? Gott? Der selbstbestimmte Mensch oder ein übermächtiger Chef? Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Gibt es im Leben schicksalhafte Fügungen?
Das offene Ende beantwortet keine Fragen. Es schenkt dort Hoffnung, wo niemand mit Hoffnung rechnet.
Fuminori Nakamura: Der Dieb.
Diogenes, September .
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.