Ferdinand von Schirach: Terror: Ein Theaterstück und eine Rede

terrDie Frage an sich ist nicht neu, aber in diesem Theaterstück noch mal ganz neu gestellt. Darf ein Flugzeug mit allen Passagieren abgeschossen werden, um einen Terroranschlag zu verhindern? Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage klar verneint. Ein Rechtsstaat darf das aus ausgiebig diskutierten Gründen nicht. Aber was ist mit einer Einzelperson, die rechtlich sicherlich anders zu behandeln ist? Gegen ausdrücklichen Befehl schießt ein Kampfpilot einen voll besetzten Jet ab, der entführt auf dem Weg zu einem Sportstation ist. Jetzt muss er sich dafür vor Gericht verantworten. Der Grat zwischen Heldentat und Mord ist hier sehr dünn. Im Verlauf des Prozesses kommt aber auch heraus, dass er zwar alleine und selbstständig handelte, aber wohl offensichtlich nicht doch so ganz einsam. Warum wurde das Stadion nicht geräumt, obwohl dafür Zeit gewesen wäre? Weil jeder Verantwortliche damit rechnete, dass der Pilot feuern würde? Und wie kamen sie dann zu dieser Ansicht? Was herrscht für eine Denkweise, die es logisch erschienen lässt, Menschenleben gegen Menschenleben aufzurechnen – und sei es nur in internen theoretischen Diskussionen.

Das Theaterstück liefert keine Antworten, es stellt Fragen. Folgerichtig endet es auch nicht mit einem Urteil,sondern mit zwei Alternativen. Der Leser soll selber denken und sich eine Meinung bilden. Das macht die Stärke dieses Stückes aus. So einfach wie häufig dargestellt, es es nämlich nicht hier liefert das Stück gutes Handwerkszeug, um das Denken anzufangen.

Ferdinand von Schirach: Terror: Ein Theaterstück und eine Rede.
Piper, Dezember 2015.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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