Die Handlung dieser wunderbar amüsanten Geschichte dreht sich um das Schreiben, um die damit verbundenen Erfolge und Misserfolge.
Doris Dörrie hat das Leben ihrer im Literaturzirkus beheimateten Charaktere mit erfrischend aberwitzigen und gleichzeitig doch so authentischen Allüren versehen.
„Schriftsteller sind Diebe und Vampire. Sie stehlen den Menschen ihre Geschichten und saugen sie aus“, sagt eine amerikanische Schriftstellerin zu der jungen Protagonistin Alice, deren Idol sie ist.
Für die junge Studentin Alice, die einen Urlaub mit dem um siebzehn Jahre älteren verheirateten Pe, einem Dermatologen und Schönheitschirurgen in Mexiko verbringt, ist die Vornehmheit und Disziplin der um dreißig Jahre älteren Schriftstellerin, die sie insgeheim „Meisterin“ nennt, richtungsweisend. Alice, die sich meistens langweilt und auch sonst ohne bestimmtes Ziel in den Tag hineinlebt, möchte auch schreiben. Die Meisterin, mit der sie eine lose Freundschaft während dem Mexikoaufenthalt verbindet, gibt ihr Ratschläge zum Schreiben.
Zusammen besuchen sie auf Alices Intervention hin mehrmals einen Jungen im Gefängnis, doch die gut gemeinte Hilfe der beiden Frauen endet für den Jungen im Desaster.
Als die Meisterin abreist, lädt sie Alice ein, sie einmal in San Francisco zu besuchen.
Im zweiten Teil des Buches fliegt Alice nach San Francisco und erlebt eine herbe Enttäuschung. Sie muss feststellen, dass sie sich ein falsches Bild von ihrer Meisterin im Kopf zusammengebastelt hat. Auch war deren Einladung wohl eher als eine unverbindliche Floskel zu verstehen. Alice muss sich mit dem wenigen Geld über das sie verfügt, irgendwie durch die Tage in San Francisco retten. Sie trifft neben dem Matrosen Hugh unter anderem auf einen Zen-Mönch, der darüber philosophiert, dass Alice ihr Leben verpasse, wenn sie sich ständig in ihren Geschichten, die sie ersinnt, aufhalte.
Im dritten Teil folgt Alice, die mittlerweile einen Schreibratgeber verfasst hat, einer Einladung eines Germanistikprofessors und reist noch einmal nach Mexiko, um dort Vorträge vor Literaturstudenten zu halten. Obwohl Alices Schreibratgeber zum Bestseller avanciert ist, hat sie sich selbst kurioserweise von ihren eigenen Schreibblockaden nicht heilen können und erlebt nun, mit ihrer im Alter gereiften Lebenseinstellung, die Allüren der mit ihr in Mexiko dozierenden jüngeren Schriftstellerkollegen.
Ein kluger, mit ironischem Augenzwinkern verfasster Roman, der so feinsinnig wie hintersinnig zu lesen und zu verstehen ist.
Doris Dörrie: Diebe und Vampire.
Diogenes, Mai 2015.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 21,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.