David Dalglish: Der Tänzer der Schatten

dave„Gibt es irgendetwas Gutes an der Menschheit? Alles, was wir gerne wären und bedauerlicherweise nicht sind …“ (S. 257)

Aaron ist acht Jahre alt, als er an einem Tag gleich zwei Männer umbringt, einer davon, sein älterer Bruder. Damit erweist er sich als würdiger Erbe seines Vaters, des Anführers der Spinnengilde, Diebe, Meuchelmörder und Möchtegernherrscher über die Stadt Veldaren. Seit dem Fall der Götter vor hunderten von Jahren wird die Stadt durch drei mächtige Handelshäuser beherrscht, die den Reichtum zwischen sich aufteilen. Um den Bund, Trifect genannt zu stürzen, hat sich Aarons Vater Thren Felhorn einen heimtückischen Plan überlegt. Geschickt manipuliert er die anderen Gildeführer sich zu einem Bund zusammenzuschließen, um die Stadt zu während einer Feierlichkeit zu erobern. Bereits vorher aber verbreiten seine Assassinen Furcht und Schrecken unter den Adeligen. Es ist eine Zeit des Wandels, eine Zeit, in der Grenzen aufgehoben, Skrupel fallen und ein Menschenleben nicht viel wert ist. Intrigen und scharfer Stahl sind die Werkzeuge eines Umsturzes, der Pläne so schnell obsolet werden lässt, wie ein Mensch zum Sterben braucht, eine Zeit, in der Aaron nicht nur zum Meisterattentäter ausgebildet wird, sondern in der auch sein Geist zu einer weit feineren, gefährlicheren Waffe geschmiedet wird. Eine Zeit aber auch, in der sich zeigt, dass Aaron seinen eigenen Weg zu gehen bereit ist, koste es, was es wolle …

Wie titelt der Verlag so schön“ Dalglish … spielt in derselben Liga wie Peter v. Brett und Brent Weeks“.

Hoppla, da wird die Hürde aber ganz schön hoch gelegt, dachte ich so bei mir, machen mich derartige Lobpreisungen doch immer ein wenig vorsichtig.
Mehr noch, da zitiert der Verlag einen Rezensenten mit den Worten „Eine beeindruckende Mischung aus Game of Thrones, klassischer Fantasy und purer Dynamik“. Jetzt wurde ich noch vorsichtiger, näherte mich dem Roman aber auch mit einer großen Portion Neugier an.
Erzählt wird die Geschichte eines Meuchelmörders. Nun siond Attentäter per se nicht eben sympathische Personen, bestimmt ihre Profession doch, dass sie mitleidlos töten. Wir kennen entsprechende Vorbilder, wobei die Autoren immer ein wenig mit der Gefahr, dem Verbotenen und Amoralischen kokettieren. David Danglish geht in diesem Prequel (Vorband) zu seinem Zyklus, in dem er die Vorgeschichte des Schattens über Veldaran erzählt etwas anders an den Plot heran, als seine Kollegen. Und, um dies vorwegzunehmen, der Vergleich zu dem gegenwärtig dank der TV-Verfilmung in aller Munde befindlichen GoT ist so schlecht gar nicht gewählt.

Im Buch geht es nicht etwa, wie man meinen könnte, darum, die erfolgreiche Lehrzeit eines Attentäters vor den Augen des Lesers auferstehen zu lassen, sondern darum uns von der Stadt, seiner Machtgrupperungen und entscheidenden Personen zu berichten – und um Schicksale. Nicht zuletzt, eben das Schicksal des jungen Aaron, doch nicht er allein steht im Fokus des Autors, sondern sein Vater, der Berater den Königs, die Mitglieder der Trifect, Religionsführer und Lehrer, sie alle nehmen vor dem inneren Auge Gestalt an. Geschickt arbeitet Dalglish charakteristische Unterschiede heraus, baut seine Gestalten durch Zeichnung ihres Umfelds und ihrer Charaktereigenschaften zu interessanten Handlungsträgern auf. Dabei steht weniger der Akt des Tötens in Vordergrund, als die politischen und wirtschaftlich motivierten Ränkespiele, Pläne und Intrigen. Insoweit erinnert des Buch entfernt an Martins Erfolgsepos, ohne diesen zu kopieren. Statt dessen zeichnet der Autor uns ein auch in Details überzeugendes Bild einer archaischen Gesellschaft, von Machtmenschen und Speichelleckern, Mördern und Politikern, baer auch von Menschen, die ein Gewissen haben und ab und an auf selbiges hören – ein Unding in dieser Welt. Interessant, fesselnd und packend, so würde ich das Buch umschreiben, ein Band, der seine Zeit wert ist.

David Dalglish: Der Tänzer der Schatten.
Blanvalet, Juli 2014.
544 Seiten, Taschenbuch, 14,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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