Mit Rock kennt Bela B sich aus. Mit „Fun“, und was man in Rockstar-Kreisen darunter versteht, anscheinend auch. Fun bedeutet After-Show-Sex mit willigen jungen Frauen, Drogen und Alkohol. Darum geht es in seinem Buch. Die Rockband „nbl/nbl“ holt vom Security-Chef handverlesene weibliche Fansbackstage und nimmt sie gegebenenfalls auch mit ins Hotel. Nach einem Konzert in Köln laufen die Dinge aber nicht wie üblich. Die Bandmitglieder Krass und Hüsker überreden ein Mädchen zu Sex zu dritt, was ziemlich brutal und wenig schön endet und eine Anzeige nach sich zieht.
Der zweite Handlungsstrang der Geschichte folgt Liane, ihrem Mann, dem Apotheker Guido und ihrer gemeinsamen Tochter Maila. Liane kennt Meister Maler, den charismatischen Sänger von „nbl/nbl“, näher, weil sie eine kurze Affäre mit ihm hatte. Das ist lange her, gewinnt aber an Aktualität, weil Maila sich für die Band zu interessieren beginnt. Liane weiß, wie es bei denen hinter den Kulissen zugeht und möchte ihre Tochter vor schlimmen Erfahrungen bewahren. In der Zwischenzeit wird bei „nbl/nbl“ Schadensbegrenzung betrieben, unter den Teppich gekehrt, die Polizei bezirzt, der Anwalt eingeschaltet, geleugnet und ein Shitstorm ausgesessen, den Meister Maler durch schockierende Äußerungen in eine laufende Kamera ausgelöst hat.
Die Tourmanagerin Miriam hat alle Hände voll zu tun. Es gibt ein Video von Hüskers und Krass´ Aktion mit dem Mädchen in Köln, aber das hat nur mehr der Security-Chef auf seinem Handy. Der allerdings gerät in juridische Nöte und hat gute Gründe, mit der Preisgabe des Videos seine eigene Haut zu retten. Da kann man jede Menge heraufdräuendes Unheil ahnen …
Seitenweise geht es in diesem Buch um kaputte Typen, die aber insgeheim cool und verrucht, weil eben anders als der langweilige Mainstream sind. Es werden Drogen genommen reihum, gesoffen, was das Zeug hält, und es wird im Namen der Kunst in sämtliche menschliche Abgründe geschaut. Männer in Machtpositionen nutzen ihre Überlegenheit selbstverständlich für ihren „Fun“ aus. Mailas Vater Guido ist zum Beispiel auch so einer. Stilistisch hat das Buch nicht viel zu bieten, Felsenheimers Eloquenz ist überschaubar. Einige Figuren treten deutlicher skizziert zu Tage, Fox zum Beispiel, andere bleiben flach wie Meister Maler. Die Frauen sind entweder unendlich naiv oder tough. Bela B erfüllt alle Erwartungen des Lesers, was die Welt von Rockstars betrifft, und erklärt zeitgleich jedem, der es hören will, dass „Me too“ ihm so ein Anliegen und eigentlich die Grundbotschaft dieses Buches ist.
Kann man sehen, wie man will. Die Hauptaussage ist „Me too“aber ganz sicher nicht.
Viel eher scheint es so, dass Felsenheimer die drastischen Geschichten der bösen Jungs genüsslich erzählt und dann mit der Me-Too-Gardine relativiert. Das kommt mir, ich kann es nicht anders sagen, ein bisschen verlogen vor.
Bela B. Felsenheimer: Fun.
Heyne Verlag, Januar 2025.
367 Seiten, gebundene Ausgabe, 24,00 €.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.