Andrea Lochen: Das Wunschjahr

dasAls Olive am Neujahrsmorgen ihre Augen aufschlägt, traut sie dem Anblick kaum. Neben ihr schläft seelenruhig ihr Exfreund Phil, von dem sie sich vor zehn Monaten getrennt hat. Wie ist sie bloß bei ihm gelandet? Hat er sie etwa von ihrer Silvesterschicht im Krankenhaus abgeholt? Nachdem auch Phil wach geworden ist, scheint es für ihn das natürlichste auf der Welt zu sein, dass sie beide gemeinsam die Nacht verbracht haben. Nach und nach kommt Olive zu einer schrecklichen Erkenntnis: Es ist als habe jemand ihr Jahr in der Nacht zurückgespult! Alle Ereignisse der letzten zwölf Monate haben für ihre Mitmenschen gar nicht stattgefunden, nur sie kann sich daran erinnern.

Wie geht man mit einer derartigen Erkenntnis am besten um, wenn man die erste Verdrängung hinter sich hat? Denn Olive bleibt nichts anderes, als erneut Januar, Februar, März und all die anderen Monate zu durchleben, die sie bereits kennt. Eine alte Bekannte ihrer Mutter zeigt ihr auf, dass sie keineswegs die einzige ist, die ein derartiges Wiederholungsjahr erlebt. Es ist eine zweite Chance, einen ganz bestimmten Punkt ihres Lebens besser zu machen. Doch was könnte das sein? Sich nicht von Phil trennen? Die erneute Hochzeit ihrer Mutter nach dem Tod des Vaters vor drei Jahren besser auffassen? Olive ist ratlos und muss sich notgedrungen auf das Abenteuer des Wiederholungsjahres einlassen.

„Das Wunschjahr“ ist ein netter, flott zu lesender Roman. Die Lektüre sorgt öfter für Schmunzler, vor allem dann, wenn Olive sich haargenau an die Situationen des letzten Jahres erinnern kann und diese mit dem aktuellen Jahr, in dem Vieles ähnlich oder genauso abläuft, vergleicht. So war sie im Vorjahr beispielweise wenig begeistert von der Idee ihrer Mutter, erneut zu heiraten. Ihr Bruder hingegen hatte sie beschwichtigt und die Sache war eher suboptimal ausgegangen. Im Wiederholungsjahr unterstützt sie ihre Mutter mehr und zwingt damit ausgerechnet ihren Bruder in die Abwehrhaltung.

Und dennoch … „Das Wunschjahr“ ist nett, aber eben irgendwie nicht mehr. Woran das liegt, lässt sich gar nicht einfach sagen. Vielleicht habe ich mir etwas mehr Tiefe erwartet von einem Konzept, das nun nicht unbedingt neu ist. Trotz der spannenden Idee bleibt wenig im Gedächtnis und die Geschichte plätschert im Wesentlichen dahin. Olive ist als Protagonistin durchaus glaubhaft, aber manchmal sehr passiv und die Nebenfiguren bleiben allesamt im Nebel. Sehr gelungen ist hingegen der Umgang mit Olives größtem Fehler des letzten Jahres. Im Wiederholungsjahr macht sie ihn einfach nicht, fühlt sich aber dennoch so stark davon belastet, dass sie ihrem Freund etwas beichten muss, das für ihn gar nicht passiert ist.

Nette Idee und nette Umsetzung. Kann man lesen.

Andrea Lochen: Das Wunschjahr.
Ullstein, August 2014.
400 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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