Außergewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte – wild, roh, gar verstörend? Wenn ich Pressestimmen lese wie „Mein Gehirn ist gerade explodiert, was für ein Genie“ oder dieser Roman sei wie eine Bombe, der sich in Seele und Herz festsetzt – dann muss ich mir das Buch natürlich genauer anschauen.
Aber diesen Hype kann ich ehrlich gesagt nicht so ganz nachvollziehen. Andrea Abreus Zauber hat mich einzig und allein durch ihren Schreibstil berühren können.
„So forsch, so furchtlos“ nimmt uns mit auf Teneriffa, abseits der allseits bekannten touristischen Insel. Es zeigt eine intensive Mädchenfreundschaft von zwei zehnjährigen Mädchen, die in einem armen Bergdorf am Hang des Vulkans leben. Die Autorin erzählt dabei sehr plastisch und nachfühlbar von den Wachstumsschmerzen der Pubertät.
Andrea zeichnet krasse physische Bilder, spielt mit vulgärem Slang. Sie lässt uns hautnah bei den intimsten Momenten dabei sein, die zum Teil recht heftig, hart und extrem für meinen Geschmack sind. Diese Lektüre ist sicherlich nicht das Bahnbrechendste, was der postmodernen Vision von Literatur passieren konnte.
Junge Frau schreibt ekliges Zeug oder Shootingstar der spanischen Literatur beschreibt das in ihren Augen scheinbar Faszinierende an dem Abstrusen? Der Leser entscheidet.
Doch ich weiß nicht, ob die Autorin die Leser schocken, unterhalten oder nur wachrütteln will. Aber wenn ich die Geschichte reflektiere und von meinen persönlichen „junge Mädchen“-Erfahrungen und Erinnerungen ausgehe, kann ich mich wirklich so gar nicht mit den beiden Mädels identifizieren. Zu hart und trostlos sind ihre Realitäten, ihr Alltag derb und surreal.
Das Buch konnte mich durch seine dezent durchschimmernde rohe lyrische Magie in seinen Bann ziehen. Ebenso haben mich die Gefühle der Mädchen berührt und ich konnte sie tief in mir spüren, doch zu welchem Preis? Meiner Meinung nach versucht es die Autorin zu sehr, anzuecken und damit Emotionen zu provozieren. Die Leser werden entscheiden, ob es too much ist.
Dieser Roman ist anders, daran besteht kein Zweifel.
„In der Ferne, ganz unten, leuchtete die Septembersonne. Die ersten Strahlen durchbrachen die Wolken wie eine Klinge, die von oben herunterfiel.“ (S. 185)
Andrea Abreu: So forsch, so furchtlos.
Aus dem Spanischen übersetzt von Christiane Quandt.
Kiepenheuer&Witsch, Juli 2022.
192 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.
Ich hab mir sagen lassen, dass viele Bedeutungen des Slang im Deutschen verloren gegangen sind. Aber ich kann die Rezension nachvollziehen. Bei mir ist der Funke auch nicht übergesprungen. Manchmal war ich sogar ein wenig angewidert, dabei mag ich eigentlich ungewöhnliche Romane. Vieles erschien mir schlicht unnötig.