Rachel Hawkins: Die Verschwundene

Jane arbeitet als Hundesitterin im gut situierten Wohnviertel Thornfield Estates. Durch einen Zufall lernt sie während eines Hundespaziergangs den verwitweten Eddie kennen. Die beiden verlieben sich und nach kurzer Zeit zieht Jane zu Eddie in dessen Villa.

Ziemlich schnell wird klar, dass sowohl Eddie als auch Jane einiges zu verbergen haben. Aus Andeutungen erfährt der Leser, dass Jane wohl unter falschem Namen in Thornfield arbeitet und vor ihrem vorherigen Leben mehr oder weniger auf der Flucht ist. Und auch Eddies Vergangenheit birgt Unklarheiten: Seine Frau Bea kam bei einem Bootsausflug gemeinsam mit ihrer besten Freundin ums Leben, ihre Leiche wurde allerdings nie gefunden.

Rachel Hawkins, ehemalige Lehrerin aus den USA, liefert mit „Die Verschwundene“ ihren ersten Roman für ein erwachsenes Publikum. Ihre bisherigen Werke für jugendliche Leser konnten sich über vordere Plätze auf der New-York-Times-Bestsellerliste freuen. Durch die „Hex-Hall“-Reihe über ein Internat für junge Hexen erreichte sie auch internationale Bekanntheit.

In ihrem aktuellen Roman nimmt uns Hawkins mit in eine reiche, amerikanische Vorstadtwelt, wie man sie schon aus diversen Serien und Filmen kennt. Jane, aus deren Perspektive die Geschichte größtenteils erzählt wird, betrachtet die Frauen in Thornfield Estate mit Missgunst. Sie kommt aus ganz anderen Verhältnissen und kann sich bis zu ihrer Beziehung zu Eddie nur so gerade mit diversen Jobs und kleineren Diebstählen über Wasser halten. Obwohl Jane nicht unbedingt eine Sympathieträgerin ist und sich teilweise recht manipulativ zeigt, bekommt der Leser sehr schnell einen Zugang zu ihr, was nicht zuletzt an Hawkins eingängigem Schreibstil liegt.

Gekonnt kombiniert Hawkins Kapitel verschiedener Perspektiven und Zeitebenen, und deckt so scheibchenweise die jeweiligen Vorgeschichten auf. Dank dieser wechselnden Erzählweise weiß sie durchaus Spannung zu erzeugen. Zwar sind einige Hinweise etwas zu plakativ geraten, aber dennoch fällt es in weiten Teilen schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Hawkins „Die Verschwundene“ ist eine grobe Anlehnung an den historischen Roman „Jane Eyre“ und holt die Story des Klassikers in die Neuzeit. Dazu übernimmt sie die meisten Hauptfiguren und den groben Plot aus Brontës Vorlage, erzählt aber nicht in Gänze dieselbe Geschichte. Hawkins‘ Version ist eine Mischung aus Beziehungsdrama und Thriller, die man als Freund dieses Genres vermutlich schon das eine oder andere Mal in ähnlicher Form gelesen haben könnte. Gleichwohl bietet „Die Verschwundene“ einen soliden, kurzweiligen Spannungsroman für Zwischendurch und ist für diesen Zweck sicher zu empfehlen.

Rachel Hawkins: Die Verschwundene.
Aus dem Englischen übersetzt von Elvira Willems.
Heyne, Dezember 2021.
416 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sarah Beumer.

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Ein Kommentar zu “Rachel Hawkins: Die Verschwundene

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