Auch wenn der Roman von Vanessa Len die anscheinend unvermeidliche Liebesgeschichte enthält, ist er doch so viel mehr als das.
Joan verbringt die Ferien in London bei der Familie ihrer verstorbenen Mutter. Sie ist ein Kind aus zwei Welten, denn ihr Vater stammt aus China. Aber noch etwas ganz anderes unterschied ihn von ihrer Mutter und das erwacht jetzt in Joan. Weil sie sich für Geschichte interessiert, hat sie einen Sommerjob im Museum, dort lernt sie Nick kennen und die beiden verabreden sich. Aber zu dem Treffen kommt es nie, denn Joan stolpert gegen einen Nachbarn und plötzlich ist es Nacht. Joans Großmutter ist darüber deutlich weniger verblüfft als Joan selbst und erklärt ihr die besondere Gabe der Hunts, der Familie ihrer Mutter: Sie sind Monster.
Sie können Menschen durch Berührung Lebenszeit stehlen und damit durch die Zeit reisen – vorwärts und rückwärts. Joan findet die Bezeichnung „Monster“ dafür völlig angebracht, denn wer als ein Monster würde einem anderen Menschen Lebenszeit nehmen, nur um damit zum Spaß durch die Zeit zu reisen – wie ihre Tante, wie ihre Cousine. Verstört flüchtet sie ins Museum – und damit zu Nick.
Nachts tauchen aus dem Nichts andere zeitreisende Monster auf, aus anderen Familien und wieder bekommt Joan zu spüren, wie viele Welten es geben kann. Denn die Hunts sind nur eine Familie in den vielen Zeitreiseclans und nicht mal die angesehenste. Ausgerechnet die blasierten Olivers hat es in dieser Nacht ins Museum verschlagen und sie lassen Joan spüren, dass sie auch als Monster – das sie sowieso nicht sein will – am untersten Ende der Hierarchie steht.
Und dann taucht er auf. Der Held aus tausend alten Märchen. Derjenige, der die Welt vor den Monstern retten wird. Derjenige, der in der Lage ist alle Monster zu töten und das auch will. Ausgerechnet diese Nacht hat er ausgesucht, um in Erscheinung zu treten. Es gibt ein Blutbad in London.
Joan kann durch die Zeit fliehen (herrlich dargestellte 1990ger), nur sie und Aaron Oliver haben überlebt und müssen sich jetzt zusammenraufen. Joan hat nur ein Ziel: die Geschehnisse rückgängig machen und damit ihre Familie retten. Aaron behauptet, das würde nicht funktionieren, die Zeitlinie würde sich immer wieder selbst reparieren. Aber so leicht mag sie nicht aufgeben.
„Only a Monster“ ist eine doppelte Enemies-to-lovers-Geschichte, aber es geht auch darum, wer man sein will und ob man sich das immer aussuchen kann. Es geht darum, wie man wird, wer man ist, ob man überhaupt eine Wahl hat und ob man sich ändern kann.
Ein wirklich lesenswertes Buch, das auch viel Spaß gemacht hat. Ich bin gespannt auf den zweiten Band, denn das Ende war wirklich ungewöhnlich und gut ist es anscheinend noch lange nicht. Auch sehr angenehm ungewöhnlich: Die Geschichte scheint zu Ende erzählt und doch ist ein zweiter Band angekündigt. Ich bin gespannt, was Vanessa Len noch eingefallen ist.
Vanessa Len: Only a Monster – die Dynastie der Zeitreisenden 1
Aus dem Englischen übersetzt von Bettina Ain
Piper, Juni 2023
414 Seiten, Paperback, 17,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.