Tyler Whitesides: Das zerbrochene Reich des Ardor Benn

Was habe ich nicht schon alles auf mich genommen – ja, ich, der Meisterdieb, der Mann, der den ganzen gesammelten Hofstaat getäuscht und über den Tisch gezogen hat. Gestatten, Ardor Benn, der Name, Retter der Welt, Zeitreisender und Filou mit einer Vorliebe für süßes Gebäck.

Doch statt, dass man mir eine Statue errichtet, mich lobpreist und mit Gebäck überschüttet, muss ich, da kaum jemand von meinem Meisterwerk von List und Tücke weiß, mein Leben weiterhin im Verborgenen fristen.

Jetzt haben wir auch noch Krieg. Zu verdanken haben wir diesen einem skrupellosen Mann, der die Thronerben kurzerhand meucheln ließ und nun seinen Hintern auf dem unbequemen Thron breitdrückt.

Doch dann werde ich engagiert, den vermeintlich ermordeten, vielleicht aber noch unter uns weilenden Thronerben zu suchen – und komme dabei einer höchst geheimen Verbrecherorganisation auf die Spur, die die Zügel des Reiches fest in ihrer unsichtbaren Hand hält. Das kann mich natürlich nicht wirklich stoppen – schleiche ich mich doch flugs in die Führungsriege ein – und stoße dort doch glatt auf meine verschollene große Liebe …

Was für ein toller Beginn – wir Leser sind quasi von der ersten Seite an voll drin in der abwechslungsreichen, spitzigen Handlung.

Unser Meister von List und Tücke fasst noch einmal den Inhalt des immerhin fast 800 Seiten starken ersten Bandes in einem Absatz zusammen, dann beginnt das neue Spiel. Dabei baut er natürlich auf seinen charismatischen Gentleman-Gauner, der mit Frechheit und Intelligenz seine Gegner ausmanövriert. Was wäre das doch für ein tolles Buch, wenn, ja wenn sich Whitesides ein klein wenig kürzer gefasst hätte!

Das soll nicht heißen, dass es nicht wirklich spannend zugehen würde – doch die Verwicklungen sind ihrer zu viele, immer erfolgt noch eine weitere Wendung, noch eine Hürde gilt es zu nehmen – das ist in der Summe schlicht des Guten zu viel.

Da hilft auch unser Maulheld mit Herz wenig, da können die Pläne noch so ausgefuchst, die Gegner fies und das Schicksal unerwartet sein, das zieht die Lektüre unnötig in die Länge.

Das heißt ausdrücklich nicht, dass der Roman, dem der Verlag Ende des Jahres den abschließenden dritten Teil folgen lassen wird, nicht unterhaltsam wäre. Doch die Leserin respektive der Rezipient braucht Sitzfleisch, bis sie oder er sich durch die erneut gut 750 Seiten gekämpft hat – ein unterhaltsamer, ein spritziger, ein lustiger, aber auch ein zu langer Kampf.

Tyler Whitesides: Das zerbrochene Reich des Ardor Benn – Gentleman, Gauner, Legende 02
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Bastian Ludwig
Panini Verlag, September 2023
765 Seiten, Taschenbuch, 20,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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