Nach dem Tod ihrer Mutter muss die 16-jährige Dora ihr geliebtes London für die im Süden des Landes liegende Isle of Wight aufgeben. Dort soll sie bei ihrem Onkel leben, den sie nicht kennt. Vor allem nicht kennt, weil ihre eigene Mutter bereits Jahre vor Doras Geburt der Familie aus unbekannten Gründen den Rücken zugekehrt hat. Dora hasst die Insel und ihre Bewohner vom ersten Moment an, doch Nachbarsjunge Eric ist ein Lichtblick im Dunkel ihres neuen Wohnortes. Sein Vater jedoch verbietet jeden Kontakt zwischen den Teenagern und scheint auf Doras Mutter nicht gut zu sprechen. Gemeinsam forschen die beiden Jugendlichen in der Vergangenheit und decken neben der Tatsache, dass ihre Eltern in ihrem Alter selbst ein Paar waren, noch andere dunkle Familiengeheimnisse auf.
Sophia Cronberg führt, ausgehend von Doras gegenwärtiger Situation, durch deren Familie zu drei unterschiedlichen Generationen. Schnell stellt Dora fest, dass nicht sie allein sich für das Geheimnis der Familie und des mysteriösen Wohnsitzes interessiert hat, sondern dass auch ihre Mutter und Erics Vater bereits auf diese Weise in der Vergangenheit geforscht haben. Der Autorin gelingt dabei ein wunderbarer Mix aus Doras Erfahrungen und Tagebucheinträgen ihrer Mutter, der es mit Hilfe eines bekannten Mediums gelungen sein soll, mit dem Geist einer Verschollenen zu sprechen. Bei „Sturmnacht“ ist allerdings nicht so wie es scheint und viele Geheimnisse bleiben bis zuletzt im Dunklen. Davon lebt dieser Roman allerdings sehr! Unterschwellig ist immer Spannung vorhanden und man möchte all die kleinen und größeren Mysterien gerne aufdecken. Die knapp 380 Seiten fliegen nur so dahin, ohne dass auch nur einmal Langeweile aufkommt.
Für Mädchen ab etwa 13 Jahren ist „Sturmnacht“ tolle Lektüre. Falls sie Romane mit einem Hauch Mistery und interessant aufgemachten Charakteren mögen, ist das Buch für sie umso mehr geeignet. Es lebt neben dem bereits erwähnten mysteriösen Touch vor allem von seinen Hauptfiguren. Dora kommt man während der Lektüre sehr nahe. Auch wenn man selbst vielleicht noch keine derartige Trauer, keinen so großen Abschied von alten Leben erlebt hat, werden ihren Gedanken und Gefühle doch deutlich. Das liegt vor allem am Talent der österreichischen Autorin, die mit „Sturmnacht“ ihren ersten und hoffentlich nicht letzten Jugendroman vorlegt. Erwachsenen Lesern sollte sie unter anderem als Carla Federico bereits ein Begriff im Rahmen der historischen Romane sein.
„Sturmnacht“ ist gelungene Unterhaltung für jugendliche Leserinnen. Ein Roman, in dem viel steckt, ebenso viel zu entdecken ist und der auch für manche durchlesene Nacht sorgen kann. Denn „Sturmnacht“ ist mit seinen zahlreichen mysteriösen Szenen bestens geeignet als Nachtlektüre oder Schlecht-Wetter-Buch. Toller Schreibstil trifft auf spannende Ereignisse und liebenswerte, verständliche Charaktere, die wie aus dem Leben gegriffen wirken!
Sophia Cronberg: Sturmnacht.
cbj, März 2014.
384 Seiten, Gebundene Ausgabe, 16,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.