Das Paradox Hotel ist nicht nur deshalb außergewöhnlich, weil man dort Zeitreisen in die Vergangenheit buchen kann, sondern auch, weil dort immer seltsamere Dinge vonstattengehen. Der amerikanische Sciencefiction-Thriller „Paradox Hotel“ von Rob Hart – übersetzt von Michael Pfingstl – vereint eine spannende Kernidee mit einer Portion Chaos und Grusel.
Im Paradox Hotel kann man Zeitreisen in verschiedene Epochen unternehmen. Dabei lautet die wichtigste Regel: Es darf unter keinen Umständen in der Vergangenheit herumgepfuscht werden – alles soll bleiben, wie es ursprünglich war. January Cole, die Sicherheitschefin, soll dies sicherstellen und auch innerhalb des Hotels für Sicherheit sorgen. Als January dann jedoch eine Leiche findet, überschlagen sich die Ereignisse und die Existenz des Hotels steht auf der Kippe.
Die Idee rund um das Paradox Hotel macht neugierig und enthält viel Potential. Rob Hart hat es geschafft, aus dieser Idee eine eigene Welt zu kreieren, die die Genres SciFi, Thriller und Krimi bedient. Während man das Buch liest, fühlt man sich als Teil dieser Welt. Es wird einem jedoch nicht leicht gemacht, in diese neue, spannende Dimension einzutauchen. Das hängt damit zusammen, dass man das Hotel zum Zeitpunkt einer Ausnahmesituation kennenlernt – absolutes Chaos vorprogrammiert. Man erfährt nicht, wie der Alltag im Paradox Hotels aussieht und wie Zeitreisen normalerweise ablaufen, sondern man wird viel eher Zeug*in einer Katastrophensituation. Hinzu kommt, dass gleich zu Beginn viele Charaktere vorgestellt werden, wodurch man sich nicht an alle von ihnen erinnern kann. Es handelt sich um ein Buch, das nicht mal eben so durchzulesen ist. Man sollte sich Zeit nehmen und dem Geschehen konzentriert folgen, um nicht den Überblick zu verlieren.
Ein Eckpfeiler des Buches stellen die Beziehungen zwischen den Charakteren dar, die teils sehr verstrickt und undurchsichtig sind. Das macht es wiederum spannender, da man im Plot nicht vorausschauen kann und folglich häufiger überrascht wird. Auch der Kriminalfall ist durch den Zeitreise-Aspekt um einiges interessanter. Das hat auch damit zutun, dass die Mordermittlung alles andere als üblich verläuft.
Trotz dessen, dass die Dialoge zwischen den Charakteren teils schleppend verlaufen, baut die Geschichte auf ihnen auf. Manche Gespräche erscheinen anfangs willkürlich und man versteht erst später, dass sie Teil eines großen Musters sind. Es sind allerdings so viele Charaktere involviert, dass man nicht zu allen von ihnen eine Verbindung herstellen kann. Das ist schade, weil es oftmals die Figuren und ihre Geschichten sind, die einem ein Buch nahebringen.
Die Protagonistin January Cole lernt man dafür aber sehr gut kennen. January ist eine besondere Hauptfigur, weil sie – besonders zu Anfang – alles andere als nahbar und sympathisch ist. Mit der Zeit versteht man, dass es ihr nicht gut geht und dass sie tiefe Wunden mit sich trägt. Sie macht im Buch eine schwere Zeit durch, die man auch als Leser*in mehr oder weniger durchmacht. An manchen Stellen kann das Buch daher ungemütlich und aufwühlend wirken. Trotzdem lässt sich sagen, dass man durch die Figuren seine Menschenkenntnis verbessern kann.
Wer Lust hat, einen komplexen Mord aufzuklären und sich nicht davor scheut, eine anspruchsvolle Lektüre vor sich zu haben, der sollte Paradox Hotel von Rob Hart lesen. Auch, wenn der Roman sein Potential nicht ganz ausgeschöpft hat, ist das Paradox Hotel ein Ort, an dem man verregnete Tage gut verbringen kann.
Rob Hart: Paradox Hotel.
Aus dem Englischen übersetzt von Michael Pfingstl.
Heyne, September 2022.
448 Seiten, Taschenbuch, 15,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Melina Lange.